Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende. Prozesskostenhilfe. einstweiliger Rechtsschutz. Statthaftigkeit der Beschwerde. Beschwerdewert. rückwirkende Bewilligung. Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld. Erwerbsfähigkeit trotz Arbeitsmarktrente. Aufhebung für die Vergangenheit. Einkommensberücksichtigung. Rente wegen voller Erwerbsminderung. Berücksichtigung vor tatsächlichem Zufluss. Darlehen. Ermessenschrumpfung auf Null. Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Vollzugsfolgenbeseitigung. Regelungsanordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Lehnt das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung ab, die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, kann der Antragsteller hiergegen Beschwerde einlegen, unabhängig davon, wie hoch der Wert der Beschwer in der Hauptsache ist.
2. Selbst wenn die Hauptsache nur teilweise Erfolgsaussicht hat, ist in gerichtskostenfreien Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unbeschränkt zu bewilligen.
3. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt auch nach Erledigung der Hauptsache noch in Betracht, wenn der Antrag vor Erledigung entscheidungsreif war.
4. Die Bewilligung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung in Form einer sog. Arbeitsmarktrente schließt Erwerbsfähigkeit i.S.v. § 8 SGB II nicht aus.
5. Fließt dem Hilfebedürftigen am Monatsende Einkommen zu, ist es rückwirkend auf den gesamten Monat anzurechnen.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1, §§ 11, 21 Abs. 3 Nr. 1, § 23 Abs. 4, § 28 Abs. 1, § 39 Nr. 1, § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; Alg-II-VO § 2 Abs. 2, 4, § 6 Abs. 1 S. 1; SGB XII § 41 Abs. 1 Nr. 2; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, S. 3; SGG § 73a Abs. 1 S. 1, § 86a Abs. 2 Nr. 4, § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 2 Sätze 1-2, §§ 123, 172 Abs. 1, 3 Nr. 2; ZPO §§ 114, 127 Abs. 2 S. 2
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2010 aufgehoben.
Der Antragstellerin wird für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt T M bewilligt; Monatsraten oder Beiträge aus dem Vermögen sind nicht zu zahlen.
Gründe
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur noch eine Beschwerde der 1974 geborenen, alleinstehenden Antragstellerin, die ebenso wie die mit ihr zusammenlebenden Söhne (M, geboren 1994, und D, geborenen 1995) seit dem 01. August 2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht und der die Deutschen Rentenversicherung (DRV) Berlin-Brandenburg aufgrund eines im September 2009 gestellten Antrags unter Zugrundelegung eines am 01. Juni 2006 eingetretenen Versicherungsfalls mit Bescheid vom 01. Oktober 2009 (Bl 151ff VA) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. September 2009 bewilligte, die bis zum 31. August 2011 befristet ist. Die Befristung wurde damit begründet, es sei nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne (Bl 156 VA). Für die Zeit ab dem 01. November 2009 werde laufend ein Betrag von 701,51 EUR (Nettozahlbetrag) monatlich gezahlt. Die Rente für den jeweiligen Monat werde am Monatsende ausgezahlt. Die Nachzahlung für die Zeit vom 01. September 2009 bis zum 31. August 2009 werde vorerst nicht ausgezahlt. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 teilte der Rentenservice der Deutschen Post der Antragstellerin nochmals mit, dass die Rente Ende November 2009 ausgezahlt werde. Die Rentenzahlung für den Monat November wurde dem Konto der Antragstellerin am 30. November 2009 gutgeschrieben (Bl P 61).
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 16. März 2010, mit dem das SG ausdrücklich nur den am 20. November 2009 gestellten Antrag der Antragstellerin abgewiesen hat, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten für den am 20. November 2009 gestellten und am 08. Dezember 2009 für erledigt erklärten und damit als zurückgenommen zu wertenden Eilantrag (vgl dazu Bundessozialgericht ≪BSG≫, Beschluss vom 29. Dezember 2005 - B 7a AL 192/05 B, juris) zu gewähren. Da das Rechtsschutzziel der Antragstellerin vornehmlich darin bestanden hatte, auch für den Monat November 2009 weiterhin den Teil der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II als Zuschuss zu beziehen, der nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II von der Bundesagentur für Arbeit zu erbringen ist und der der Antragstellerin ursprünglich mit Bescheid vom 13. Juli 2009 (Bl 63ff VA) in Höhe von insgesamt 488,00 EUR (Regelleistung 359,00 EUR zuzüglich Leistungen für einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung 129,00 EUR) für diesen Monat bewilligt worden war (vgl zur Teilbarkeit des Streitgegenstandes insoweit: BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 19), war ihr Eilantrag, richtig verstanden, insoweit von Anfang an dahingehend zu würdigen (§ 123 SG...