Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung in Berlin. einstweilige Anordnung. Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft. schlüssiges Konzept, AV-Wohnen vom 10.02.2009, qualifizierter Berliner Mietspiegel. Folgenabwägung
Orientierungssatz
1. Die Zusicherung des örtlich bisher zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB 2 zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft hat lediglich den Zweck, über die Erforderlichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so für den Hilfebedürftigen das Entstehen einer erneuten Notlage infolge der nur teilweisen künftigen Übernahme von Kosten zu vermeiden. Sie ist keine Voraussetzung für einen Anspruch auf die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft.
2. Die Übernahme tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie der entstehenden Umzugskosten kann weder im Hauptsacheverfahren noch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zugesichert werden, wenn die Kosten nicht angemessen sind.
3. Für einen Zweipersonenhaushalt ist eine Wohnungsgröße von 60 qm angemessen. Die Angemessenheit von Heizkosten ist nach dem bundesdeutschen Heizkostenspiegel zu bestimmen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts B (SG) vom 11. Januar 2010 ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung iS von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, “die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung einer Wohnung in der Estraße in B sowie der entstehenden Umzugskosten zuzusichern.„ Zugleich wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren.
Die 1979 geborene Antragstellerin zu 1. und ihr 2009 geborener Sohn (Antragsteller zu 2.) wohnen noch in der zum 31. Januar 2010 gekündigten bisherigen Wohnung der Antragsteller in der G-M-Straße in B (2 Zimmer nebst Küche, Toilette, Dusche, Bad, Diele, 63,73 m², 340,- EUR Miete, aktuell 115,- EUR kalte Betriebskosten, Gasetagenheizung, Heizkosten aktuell 42,- EUR). Die Antragstellerin zu 1. ist zu 100 % sehbehindert. Das Versorgungsamt hat bei ihr das Vorliegen der Merkzeichen “B„, “Bl„, “G„, “H„ und “RF„ festgestellt. Die Antragsteller legten ein Wohnungsangebot der U M GmbH vom 12. Oktober 2009 über eine Wohnung in der in BS vor (Vorderhaus EG rechts, 3,5-Zimmer nebst Küche, Wirtschaftsraum, Wannenbad und Flur, ca. 94 m², Nettokaltmiete 390,- EUR, Betriebskostenvorauszahlung 103,- EUR, Heizkostenvorauszahlung 40,- EUR, Kabelvorauszahlung 10,68 EUR, insgesamt 543,68 EUR). Mit Bescheid vom 26. November 2009 lehnte der Antragsgegner den Antrag vom 11. November 2009 “auf Zustimmung„ zur Anmietung dieser Wohnung ab. Ein Wohnungswechsel werde grundsätzlich als “erforderlich anerkannt„, da die gesundheitlichen Einschränkungen der Antragstellerin zu 1. zur Umzugsnotwendigkeit führten. Die für einen Zwei-Personen-Haushalt maßgebliche Obergrenze der zulässigen Warmmiete betrage 444,00 EUR. Dem Antrag könnte daher nicht entsprochen werden, da es sich nicht um kostenangemessenen Wohnraum handele. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller Widerspruch eingelegt. Der Antragsgegner hat den Antragstellern mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. August 2009 bis 31. Januar 2010 bewilligt und dabei Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von monatlich 484,15 EUR für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 2008 sowie von 444,15 für die Zeit vom 1. bis 31. Januar 2010 berücksichtigt. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2009 hat der Antragsgegner eine Bruttowarmmiete für die derzeitige Wohnung von bis zu 444,00 EUR als angemessen anerkannt. Hierin enthalten seien Betriebs- und Heizkosten in angemessenen Umfang. Als Richtwert sei dabei von einem durchschnittlichen Betrag in Höhe von 1,47 EUR/m² für Betriebskosten und in Höhe von 0,90 EUR/m² für Heizkosten auszugehen.
Streitgegenstand ist auch im Beschwerdeverfahren ausschließlich die - vorläufige - Verpflichtung zur Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen und -ggf. - für entstehende Umzugskosten für eine neue Unterkunft in der Estraße nach § 22 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Zahlung der tatsächlichen KdU für die neue Unterkunft in der Estraße könnte ggf. erst dann im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG verfol...