Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der PKH-Beschwerde bei Nichterreichen des Beschwerdewertes in der Hauptsache

 

Orientierungssatz

1. Die Beschwerde ist nach §§ 172 Abs 1, 73a Abs 1 S 1 SGG in Verbindung mit entsprechender Anwendung des § 127 Abs 2 S 2 ZPO ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht den Betrag von 750,00 € überschreitet (§ 144 Abs 1 SGG).

2. Der Senat gibt insoweit seine frühere Rechtsauffassung zur Zulässigkeit der Beschwerde in Prozesskostenhilfeverfahren, nach der der Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (lediglich) für die Fälle normiert sei, in denen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verneint worden seien, nach erneuter Überprüfung auf, Aufgabe LSG Berlin-Potsdam, Beschluss vom 16. Juli 2008 - L 29 B 1004/08 AS PKH, ZfSH/SGB 2008, 555.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2011, mit dem das Sozialgericht seinen Antrag, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu gewähren, abgelehnt hat, ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-), sie ist jedoch nicht zulässig.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

Vorliegend ist die Beschwerde nach §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit entsprechender Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) ausgeschlossen, denn in der Hauptsache überschreitet der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht den Betrag von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 SGG). Der Senat gibt insoweit seine frühere Rechtsauffassung zur Zulässigkeit der Beschwerde in Prozesskostenhilfeverfahren, nach der der Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (lediglich) für die Fälle normiert sei, in denen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verneint worden seien (vgl. Beschluss vom 16. Juli 2008 - L 29 B 1004/08 AS PKH - zitiert nach juris), nach erneuter Prüfung der ihn überzeugenden Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte bzw. Senate des LSG Berlin-Brandenburg auf (vgl. hierzu unten).

Im sozialgerichtlichen Verfahren gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe, mithin die §§ 114 bis 127a ZPO, entsprechend. Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist ein Rechtsmittel gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag (600,- €) nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat - was hier nicht der Fall ist - ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint (vgl. für diesen Fall aber für das sozialgerichtliche Verfahren den - abweichend von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO - weitergehenden Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG).

Vorliegend wendet sich der Kläger gegen die Verrechnung eines in Höhe von 307,34 € gewährten Darlehens. Dieser Beschwerdewert erreicht bereits nicht den in § 511 ZPO genannten Wert (von 600,-- €) und damit erst recht nicht den Betrag von 750,-- €, der gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für die Zulässigkeit der Berufung im Hinblick auf Klagen auf Geld-, Dienst- oder Sachleistungen (oder darauf gerichtete Verwaltungsakte) im sozialgerichtlichen Verfahren maßgeblich ist, die - wie im vorliegenden Fall - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betreffen. Mangels Berufungsfähigkeit der Hauptsache ist daher nach Ansicht des Senats auch eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht statthaft.

Zu einer anderen Einschätzung führen nicht die gesetzlichen Regelungen des § 172 Abs. 3 SGG.

Die Vorschrift des § 172 Abs. 3 SGG über den Ausschluss der Beschwerde stellt keine abschließende Regelung dar und steht einer entsprechenden Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht entgegen. Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 172 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG ("soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist"). Eine Bestimmung im Sinn von § 172 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG ist auch in § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG zu sehen, der u. a. auf § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO verweist, wonach die Beschwerde bei einem Prozesskostenhilfeverfahren ausgeschlossen ist, wenn aufgrund des Streitgegenstandes kein zulassungsfreies Rechtsmittel in der Hauptsache stattfinden kann (vgl. hierzu u.a. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 18. März 2011, L 15 SO 42/11 B PKH, vom 22. Dezember 2010, L 34 AS 2182/10 B PKH - hier ausführlich zum Meinungsstreit - und vom 27. September 2010, L 20 AS 1602/10 B PKH; Sächsisches LSG, Beschluss vom 06. Dezem...

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