Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Aufnahme eines ausgesetzten Verfahrens
Orientierungssatz
1. Ist eine Aussetzungsentscheidung zeitlich befristet, endet die Aussetzung mit Eintritt des Ereignisses, das im Aussetzungsbeschluss als Endzeitpunkt für die Aussetzung genannt ist, ohne dass es einer Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses bedarf. Ist das Ereignis, bei dessen Eintritt die Aussetzung enden soll, noch nicht eingetreten, bedarf es jedoch einer gesonderten Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses.
2. Eine Aufhebung von Amts wegen kommt in Betracht, wenn das Gericht die Frage der Vorgreiflichkeit inzwischen anders bewertet oder aber aus anderen Gründen zu der Auffassung gelangt, eine Entscheidung in der Sache treffen zu können. Die Aufnahme eines ausgesetzten Verfahrens auf Antrag eines Beteiligten setzt die Anzeige der Erfüllung der Voraussetzungen für die Aufnahme voraus.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2008 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Klägerin vom 13. Februar 2008, das mit Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2006 ausgesetzte Verfahren aufzunehmen, zu Recht abgelehnt.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2006 das erstinstanzliche Verfahren der Klägerin “bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf die Vorlage des Sozialgerichts Berlin im Verfahren S 35 RA 5653/97 W 05 ausgesetzt„. Diesen Beschluss hat die Klägerin nicht angefochten. Im Rahmen dieses Verfahrens, in dem über die Aufnahme dieses rechtskräftig ausgesetzten Verfahrens gestritten wird, hat der Senat daher nicht mehr zu überprüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens vorliegen (vgl. zur Möglichkeit der Aussetzung eines Verfahrens - vor In-Kraft-Treten des § 114a SGG am 1. April 2008 - in entsprechender Anwendung des § 114 Abs. 2 SGG für den Fall, dass bereits ein Vorlagebeschluss beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist: Wenner/Terdenge/Krauß, Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit, 3. Auflage 2005, Seite 213 RdNr. 518, m. w. Nachw.). Insoweit unterscheidet sich dieser Fall von dem Sachverhalt, über den das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) in dem von der Klägerin zitierten Beschluss vom 29. Januar 2008 - L 21 B 1167/07 R -) zu entscheiden hatte. In jenem Verfahren war zur Überprüfung des LSG gestellt, ob das Sozialgericht den Rechtsstreit zu Recht ausgesetzt hat und nicht wie in diesem Fall, ob das Sozialgericht die Aufnahme eines rechtskräftig ausgesetzten Verfahrens zu Recht abgelehnt hat.
Ist wie im vorliegenden Fall die Aussetzungsentscheidung zeitlich befristet (“bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts…„), endet die Aussetzung mit Eintritt des Ereignisses, das im Aussetzungsbeschluss als Endzeitpunkt für die Aussetzung genannt ist (Peters/Sautter/Wolff, Kom. zur Sozialgerichtsbarkeit, 72. Lfg., 4/2001, § 114 RdNr. 91), ohne dass es einer Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses bedarf. Da das Bundesverfassungsgericht im vorliegenden Fall über den genannten Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Berlin noch nicht entschieden hat, das Ereignis bei dessen Eintritt die Aussetzung enden soll, also noch nicht eingetreten ist, bedarf es einer gesonderten Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses (Peters/Sautter/Wolff, a. a. O., Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 114 RdNr. 9 und Kolmetz in Jansen, SGG, 2. Auflage 2005, § 114 RdNr. 14). Dies kann durch Beschluss oder aber durch konkludente Handlung erfolgen (Kolmetz, a. a. O.).
Eine solche Aufhebung kommt von Amts wegen (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O.) regelmäßig in denen Fällen in Betracht, in denen beispielsweise das Gericht die Frage der Vorgreiflichkeit inzwischen anders bewertet oder aber aus anderen Gründen zu der Auffassung gelangt, eine Entscheidung in der Sache treffen zu können (Kolmetz, a. a. O.) oder zu müssen, weil beispielsweise der Vorlagebeschluss aufgehoben worden ist. Ein solcher Sachverhalt ist hier indes nicht gegeben. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass sich seit dem Aussetzungsbeschluss vom 18. Dezember 2006 keine Änderung der Sachlage ergeben hat. Weder hat das Bundesverfassungsgericht über den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Berlin entschieden noch ist dieser Vorlagebeschluss aufgehoben worden.
Soll die Aufnahme eines ausgesetzten Verfahrens auf Antrag eines Beteiligten erfolgen, hat der Beteiligte - je nachdem, welcher Unterbrechungs- oder Aussetzungstatbestand vorliegt - die Erfüllung der Voraussetzungen für die Aufnahme anzuzeigen (Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren, 2. Auflage 2004, Kapitel XII RdNr. 48). Im vorliegenden Fall trägt die Kl...