Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. abstrakte Förderungsfähigkeit der Maßnahme. Teilhabe am Arbeitsleben. Ausbildungsgeldbezug eines behinderten Menschen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Besondere Einrichtung für behinderte Menschen. Förderfähigkeit. Ausbildungsgeld. Einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wer eine dem Grunde nach förderungsfähige Berufsausbildung absolviert, ist gem. § 7 Abs. 5 SGB II auch dann von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, wenn die Ausbildung im konkreten Fall als Leistung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben ausgestaltet ist.

 

Orientierungssatz

Auszubildende, die eine nach § 60 Abs. 1 SGB 3 (i.d. Fassung vom 13.05.2011) dem Grunde nach förderfähige Ausbildung absolvieren, haben gem § 7 Abs. 5 SGB 2 auch dann keinen über die Leistungen nach § 27 SGB 2 hinausgehenden Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wenn die Ausbildung von der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem § 97ff SGB 3 a.F. gefördert und Ausbildungsgeld nach § 104 SGB 3 a.F. gewährt wird, Anschluss an LSG Celle-Bremen, Beschluss vom 04. Juli 2012 - L 15 AS 168/12 B ER.

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 5, 6 Nr. 2, § 21 Abs. 4, §§ 27, 3 Abs. 3; SGB III a.F. § 22 Abs. 4 S. 1; SGB III § 60 Abs. 1, §§ 97, 102, 104; SGG § 86b Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Prozesskostenhilfe ab 14. November 2012 bewilligt und Rechtsanwältin K R, O-Str. in M beigeordnet.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der im Jahr 1983 geborene Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der ledige Antragsteller, der an ADHS erkrankt ist, bezog nach eigenen Angaben durchgehend seit dem 01. Januar 2005 vom Jobcenter Börde Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 01. September 2011 schloss der Antragsteller mit dem Rotkreuz-Institut Berufsbildungswerk im DRK B gGmbH einen Berufsausbildungsvertrag über das vom 01. September 2011 bis voraussichtlich 31. August 2014 andauernde Berufsausbildungsverhältnis zum Bürokaufmann, der in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge bei der IHK Berlin eingetragen wurde. Die Ausbildung wird als Maßnahme zur beruflichen Eingliederung Behinderter aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Die Unterbringung erfolgt während der Maßnahme im Bereich Wohnen des Berufsbildungswerkes. Kosten für die Unterbringung fallen dem Antragsteller nicht an. Der Antragsteller erhält zudem eine “finanzierte Vollverpflegung„ dergestalt, dass er wochentags alle Mahlzeiten in der Mensa einnehmen kann und an den Wochenenden, mit Ausnahme derer, an denen Heimfahrten stattfinden, ein Verpflegungsgeld in Höhe der Werte der Sozialversicherungsentgeltverordnung gezahlt wird.

Mit Bescheid vom 26. August 2011 bewilligte die Agentur für Arbeit Magdeburg dem Antragsteller für die Zeit vom 01. September 2011 bis 15. August 2014 Familienheimfahrten in Höhe von monatlich 58,40 Euro und mit Bescheid vom 24. November 2011 - hier vorläufig in Hinblick auf die unklare Einkommenshöhe der Mutter - für die Zeit vom 01. September 2011 bis 28. Februar 2013 Ausbildungsgeld in Höhe von monatlich 89 Euro.

Am 23. März 2012 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II einschließlich eines Mehrbedarfes für Behinderte. Hierzu führte er aus, dass ihm vom Jobcenter Börde ausdrücklich mündlich mitgeteilt worden sei, dass die Kostenübernahme für seine Wohnung in H nicht weiter bewilligt werde, da er derzeit seine Ausbildung mit Internatsunterbringung und Vollverpflegung in B absolviere. Daher sei er gezwungen gewesen, seine Wohnung in H aufzugeben und seinen Erstwohnsitz nach B zu verlegen.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2012 lehnte der Antragsgegner eine Leistungsgewährung mit der Begründung ab, die Ausbildung sei nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder den §§ 60 bis 62 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig. Hiergegen richtet sich die am 31. Juli 2012 beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 26 AS 20236/12 erhobene Klage.

Am 10. August 2012 hat der Antragsteller einen einstweiligen Rechtsschutzantrag - mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, namentlich Arbeitslosengeld II und einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II i.H.v. monatlich insgesamt 491,40 Euro zu bewilligen - beim Sozialgericht Berlin gestellt, den dieses mit Beschluss vom 12. Oktober 2012 zurückgewiesen hat. Das Sozialgericht hat zur Begründung ausgeführt, der...

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