Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Verrechnung einer Altersrente mit rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen
Orientierungssatz
1. Bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angegriffenen Entscheidung, so ist die Bewilligung von einstweiligem Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehung der angefochtenen Entscheidung zu versagen.
2. Der zuständige Leistungsträger kann mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig i. S. des SGB 12 oder des SGB 2 wird.
3. Gegen die Möglichkeit eines Sozialleistungsträgers, auch mit dem unpfändbaren Teil der Sozialleistung während des Insolvenzverfahrens aufzurechnen, bestehen keine Bedenken. Der Gesetzgeber hat das Privileg, auch dann noch aufrechnen zu können, wenn die Einzelzwangsvollstreckung und damit die Pfändung ausgeschlossen ist, im Interesse der Versichertengemeinschaft bewusst vorgesehen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 06. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine teilweise Verrechnung seiner Altersrente mit rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen.
Der Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13. Mai 2004 seit dem 01. November 2003 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von zuletzt 832,56 € (monatlicher Zahlbetrag ab 1. Juli 2008); im Zeitraum Mai/Juni 2008 betrug der monatliche Zahlbetrag 823,63 €.
Über das Vermögen des Antragstellers ist mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. April 2003 (3.1 IN 574/02) das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Mit Schreiben vom 03. Januar 1996 und 29. Oktober 2007 hatte die AOK Sachsen an die Antragsgegnerin ein Verrechnungsersuchen nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wegen einer gegen den Antragsteller bestehenden für vollstreckbar erklärten Forderung in Höhe von zuletzt 44.094,95 € gerichtet. Bei der Forderung der AOK handelt es sich um Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeiträge für den Zeitraum vom 01. September 1993 bis 31. Dezember 1994 einschließlich Säumniszuschlägen sowie Mahngebühren und Kosten.
Auf das Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 13. Dezember 2007 zur beabsichtigten Verrechnung machte der Antragsteller geltend, die AOK hätte ihre Forderung im Rahmen des Insolvenzverfahren vorbringen können, und er sei seiner Ehefrau zu Unterhalt verpflichtet.
Mit Bescheid vom 18. März 2008 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die von der AOK Sachsen geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 44.094,95 € gegen die mit Bescheid vom 13. Mai 2004 bewilligte Altersrente verrechnet würden. Ab dem 01. Mai 2008 werde daher die dem Antragsteller zustehende Leistung um monatlich 373,42 € gemindert. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Antragsteller im Wesentlichen geltend, die Antragsgegnerin habe die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO nicht beachtet, er sei seiner Ehefrau, die lediglich Arbeitslosengeld in Höhe von 16,73 € täglich beziehe, zu Unterhalt verpflichtet und er werde bei Vornahme der Verrechnung sozialhilfebedürftig.
Nachdem der Antragsteller eine Bescheinigung des Sozialamtes des Landkreises Oder-Spree vom 17. Juni 2008 bei der Antragsgegnerin vorgelegt hatte, wonach bei Durchführung der Verrechnung in der beabsichtigten Höhe ein sozialhilferechtlicher Bedarf des Antragstellers in Höhe von 80,61 € monatlich ungedeckt bliebe, half diese dem Widerspruch mit Bescheid vom 1. Juli 2008 in dieser Höhe teilweise ab. Mit weiterem Rentenbescheid vom 2. Juli 2008 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass ab dem 1. Mai 2008 ein Betrag von 292,81 € und - aufgrund der Rentenanpassung - ab dem 1. Juli 2008 ein Betrag von monatlich 302,38 € verrechnet werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch, soweit sie ihm nicht abgeholfen hatte, zurück.
Hiergegen hat der Antragsteller Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) zum Aktenzeichen S 19 R 587/08 erhoben und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sinngemäß die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehrt.
Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin zur Verrechnung nicht berechtigt gewesen sei. Sie hätte die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff ZPO und die Unterhaltspflicht des Antragstellers gegenüber seiner Ehefrau beachten müssen. § 51 SGB I räume der Antragsgegnerin keine weitergehenden Rechte als in der Einzelzwangsvollstreckung ein.
Mit Beschluss vom 06. Oktober 2008 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung. Pfändungsfreigrenzen seien nicht zu berücksic...