Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer Kostenentscheidung des Gerichts durch den belasteten Dritten
Orientierungssatz
1. Ein Bevollmächtigter kann Kostenschuldner in einem sozialgerichtlichen Verfahren nur für den Fall sein, dass er ohne Vollmacht tätig geworden ist.
2. Wurde eine Vollmacht entsprechend den Anforderungen des § 73 Abs. 6 S. 1 SGG ordnungsgemäß erteilt, so ist die Annahme, dass diese entgegen ihrem äußeren Anschein überhaupt nicht oder nicht mehr gelten soll, nur unter außerordentlich gelagerten Umständen gerechtfertigt (BSG Beschluss vom 20. 1. 2016, B 14 AS 188/15 B).
3. Wurde die Kostenentscheidung des Gerichts nicht als Kostengrundentscheidung gemäß § 193 SGG, sondern in einem Urteil getroffen, so ist die vom Rechtsanwalt im eigenen Namen gegen das Urteil des Sozialgerichts erhobene Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im Urteil erhobene Beschwerde nach § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG zulässig. Einer Beauftragung eines weiteren Anwalts im Beschwerdeverfahren durch den bevollmächtigten Anwalt bedarf es nicht. Ein Rechtsanwalt, der in eigener Sache auftritt, kann die Erstattung von Gebühren und Auslagen nach § 202 S. 1 SGG i. V. m. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO verlangen, als hätte er einen Rechtsanwalt beauftragt.
Tenor
Auf die Beschwerde von Rechtsanwalt L wird die im Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 23. Juli 2015 enthaltene Kostenentscheidung, mit der dem am Verfahren nicht Beteiligten Rechtsanwalt L die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, aufgehoben.
Die außergerichtlichen Kosten von Rechtsanwalt L trägt die Staatskasse.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 105,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die von Rechtsanwalt L im eigenen Namen gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Cottbus vom 23. Juli 2015 (ihm zugestellt am 29. Dezember 2015) erhobene Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in dem bezeichneten Urteil, mit der ihm - und nicht den Klägern - die Kosten des Gerichtsverfahrens als vollmachtloser Vertreter auferlegt wurden, ist zulässig.
Eine Berufung von Rechtsanwalt L gegen seine Belastung mit den Kosten ist nicht statthaft. Da er weder Kläger, noch Beklagter oder Beigeladener, dh nicht Beteiligter iSd § 69 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Vorinstanz war, ist er nicht rechtsmittelberechtigt (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014 Vor § 143 RdNr 4).
Für die Anfechtung von Kostenentscheidung durch den belasteten Dritten kommt allein das Rechtsmittel der Beschwerde in Betracht, die einen Gegner nicht notwendig voraussetzt, die sich vielmehr gegen das Gericht selbst richten kann (zur sofortigen Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel eines Dritten gegen seine Kostenbelastung: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Juni 1987 - IVb ZR 5/86, juris RdNr 14ff).
Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs 3 Nr 3 SGG ausgeschlossen. Danach ist die Beschwerde nicht statthaft gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG. Diese Bestimmung ist hier nicht einschlägig, da die Kostenentscheidung in einem Urteil getroffen wurde und § 172 Abs 3 Nr 3 SGG nach der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drs 16/7716 S 22) Beschwerden gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 Abs 1 Satz 3 SGG ausschließen soll, dh Fallgestaltungen in den Blick nimmt, in denen das Verfahren - anders als im vorliegenden Fall - durch Urteil beendet wurde.
Die Beschwerde ist auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 144 Abs 4 SGG ausgeschlossen, wonach die Berufung ausgeschlossen ist, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Zwar schließt § 144 Abs 4 SGG eine auf die Kostenentscheidung beschränkte Überprüfung aus, so dass nahe liegt, die Vorschrift regelmäßig auch auf ein Beschwerdeverfahren anzuwenden (zur analogen Anwendung bei einer Beschwerde im einstweiligen Rechtschutzverfahren: Beschluss des Senats vom 14. Mai 2007 - L 10 B 545/07 AS ER, juris RdNr 7f). Indes folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift, ein von den Beteiligten nur mit Blick auf die Kostenregelung eingelegtes Rechtsmittel auszuschließen, nicht, dass die Bestimmung auch angewandt werden soll bei einer Beschwerde bezüglich einer Kostenentscheidung gegenüber einem Dritten, der nicht Prozessbeteiligter ist. Dem Dritten steht - wie bereits ausgeführt - eine weitergehende Rechtsmittelbefugnis gerade nicht zu, da er nicht Beteiligter des Verfahrens ist (zu der insoweit vergleichbaren Regelung in § 99 Abs 1 der Zivilprozessordnung ≪ZPO≫: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl 2016 § 99 RdNr 23; Herget in Zöller, ZPO, 30. Aufl 2014, § 99 Rdnr 4).
Die Beschwerde ist auch begründet. Die auf § 202 SGG iVm § 89 ZPO gestützte Auferlegung der Kosten auf den vollmachtlosen Vertreter hätte vorliegend nicht erfolgen dürfen, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Ein Bevollmächtigter kann Kostenschuldner nur für den Fall sein, dass er ohne Vollmacht tätig geworden ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014 § 193 RdNr 11). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Der als alleiniger gesetzli...