Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Höhe der Rechtsanwaltsgebühr. Prozesskostenhilfeverfahren
Orientierungssatz
Bei der Beurteilung des Umfangs und der Schwierigkeiten der anwaltlichen Tätigkeit ist im Prozesskostenhilfeverfahren zu berücksichtigen, dass grundsätzlich nur Handlungen nach Wirksamwerden der Beiordnung den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse begründen können. Abzustellen ist frühestens auf den Zeitpunkt der vollständigen Prozesskostenhilfe-Antragstellung.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. April 2003 wird zurückgewiesen
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin streitig, in dem sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 15. Dezember 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 1996 wandte, der die Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit (vom 18. Februar 1995 bis zum 12. Mai 1995) anlässlich ihrer Weigerung, an einer beruflichen Bildungsmaßnahme teilzunehmen (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz - AFG -), betraf.
Mit Schriftsatz vom 16. Januar 1997 zeigte der Antragsteller unter Vorlage einer Prozessvollmacht dem SG an, dass er die Vertretung der Klägerin, die zuvor selbst den Rechtsstreit geführt hatte, übernommen habe und begründete kurz die Klage. Des Weiteren stellte er namens der Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung. Diesem Antrag entsprach das SG durch Beschluss vom 19. Februar 1999 rückwirkend zum 16. Januar 1997. Zwischenzeitlich hatte die Beklagte auf Anforderung des Gerichts die Verwaltungsakten sowie eine Kopie des arbeitsamtsärztlichen Gutachtens von Dr. W vom 09. Februar 1995/10. Mai 1995 übersandt. Die Klägerin hatte am 25. April 1997 im Rahmen eines weiteren von ihr zum Aktenzeichen S 58 AR 3037/96 beim SG Berlin geführten Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, in dem sie u. a. die Rücknahme ihrer Klage im hiesigen Verfahren erklärte.
Mit Schreiben vom 25. April 2001 beantragte der Antragsteller die Festsetzung der ihm im Wege der PKH zu zahlenden Vergütung unter Zugrundelegung der Mittelgebühr von 700,00 DM auf 858,40 DM. Durch Beschluss vom 19. Oktober 2001 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG die zu erstattenden Kosten auf 575,00 DM fest, wobei eine Gebühr von 460,00 DM in Ansatz gebracht wurde. Die hiergegen eingelegte Erinnerung, mit der der Antragsteller geltend machte, für ein Sperrzeitverfahren sei die Mittelgebühr durchaus üblich und es habe hier zusätzlich eine medizinische Fragestellung behandelt werden müssen, hat das SG durch Beschluss vom 04. April 2003, dem Antragsteller zugestellt am 11. April 2003, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die rechtliche Überprüfung einer Sperrzeitentscheidung auf dem Gebiet der Arbeitsförderung weise in der Regel keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf, so dass bei einem üblichen Verfahrensablauf, d. h. bei wiederholter schriftsätzlicher Stellungnahme und/oder dem Abschluss auf Grund mündlicher Verhandlung, und ohne Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich von einem durchschnittlichen Verfahren und damit von der Billigkeit der Festsetzung einer Mittelgebühr auszugehen sei. Vorliegend sei auch nach dem Vortrag des Antragstellers nicht zu erkennen, dass ein ungewöhnlicher Sperrzeitsachverhalt oder besondere rechtliche Schwierigkeiten vorgelegen hätten. Es sei auch nur eine einmalige schriftsätzliche Begründung erfolgt. Eine Auseinandersetzung mit den gerichtlich eingeleiteten Ermittlungen sei im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich gewesen, da bereits zuvor die Klagerücknahme erfolgt sei. Eine mündliche Verhandlung habe nicht stattgefunden. Zudem sei der Sachverhalt vergleichbar zu dem Parallelverfahren gewesen. Von daher sei von einem merklich unterdurchschnittlichen Fall auszugehen, so dass die Festsetzung einer Mittelgebühr unbillig, eine Gebühr von 460,00 DM dagegen angemessen und gerechtfertigt sei. Gegen diesen Beschluss sei die Beschwerde zulässig, da der Beschwerdewert (144,90 EUR = 283,40 DM) den Betrag von 50,00 EUR (§ 128 Abs. 4 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung - BRAGO -) übersteige.
Mit der am 09. Mai 2003 erhobenen Beschwerde hält der Antragsteller an seiner Auffassung fest, dass zumindest die Mittelgebühr von 700,00 DM angemessen sei, schließlich seien die ohnehin niedrigen Gebühren seit mehr als acht Jahren nicht mehr angepasst worden. Dieser Umstand sei bei der “Billigkeitskontrolle" zu berücksichtigen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Antragsgegner vertritt unter Hinweis auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Oktober 2003 - L 5 B 14/02 RJ - die Auffassung, die Beschwerde sei unzulässig, da sie vom Gesetzgeber im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen sei.
Die...