Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung. Beschwerde. Rechtsschutzinteresse nach Ausführung des Beschlusses 1. Instanz. Grundsicherung für Arbeitssuchende. Begrenzung des Streitgegenstandes auf den Bewilligungszeitraum. Eilbedürfnis im Falle der Geltendmachung von Leistungen für die Vergangenheit

 

Orientierungssatz

1. Für ein Rechtsmittel, mit dem die Aufhebung einer einstweiligen Anordnung begehrt wird, fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn die Behörde der einstweiligen Anordnung bereits nachgekommen ist und mithin Erledigung eingetreten ist.

2. In Rechtsstreitigkeiten, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende betreffen, ist der Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitraum begrenzt, für den die Behörde eine (vorläufige) Bewilligungsentscheidung getroffen hat. Zeiten, für die kein Leistungsantrag gestellt wurde, sind jedenfalls nicht streitgegenständlich.

3. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG fehlt es an der erforderlichen Eilbedürftigkeit, wenn der Antragsteller Grundsicherungsleistungen für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begehrt.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Dezember 2009 aufgehoben, soweit der Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet worden ist, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeiträume

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vom 20. Oktober 2009 bis 31. Oktober 2009 in Höhe von mehr als 162,89 €,

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vom 1. November 2009 bis 31. Dezember 2009 in Höhe von mehr als monatlich 379,80 €,

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vom 1. Januar 2010 bis 28. Februar 2010 in Höhe von mehr als monatlich 297,80 € und

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vom 1. März 2010 bis 30. April 2010 in Höhe von monatlich 543,80 €

zu gewähren.

Der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird insoweit zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig verworfen.

Der Antragsgegner hat den Antragstellern 2/5 der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 30. Juli 2009 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern gestützt auf § 40 Abs. 1, Nr. 1 a Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) i. V. m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 30. November 2009, für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 30. November 2009 in Höhe von monatlich 767,94 €. Am 27. August 2009 erhielt die Antragstellerin zu 1. eine Abfindung ihres ehemaligen Arbeitgebers in Höhe von 11.762,67 € auf ihrem Girokonto gutgeschrieben. Hierauf setzte der Antragsgegner mit so genanntem Änderungsbescheid vom 8. Oktober 2009 die den Antragstellern zu bewilligenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Oktober 2009 auf 0,00 € fest und hob den Bescheid vom 30. Juli 2009 insoweit auf. Mit weiteren Bescheiden vom selben Tag forderte der Antragsgegner von den Antragstellern jeweils die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen für den genannten Zeitraum. Mit weiterem Bescheid vom 8. Oktober 2009 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 30. Juli 2009 hinsichtlich des Zeitraumes “ab 1. November 2009„ auf und führte gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zur Begründung aus, mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen seien die Antragsteller nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II. Gegen die drei auf den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Oktober 2009 bezogenen Bescheide vom 8. Oktober 2009 legten die Antragsteller Widerspruch ein. Den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 als unzulässig zurück.

Am 20. Oktober 2009 haben die Antragsteller beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der sie die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt haben, ihnen vorläufig für den Zeitraum ab 1. Oktober 2009 bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über den Änderungsbescheid vom 8. Oktober 2009 monatliche Leistungen in Höhe von 543,80 € zu zahlen. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2009 hat das Sozialgericht Berlin den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab dem 20. Oktober 2009 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 30. April 2010, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 543,80 €, für Oktober anteilig in Höhe von 217,56 €, zu gewähren und den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Antragsteller hätten für die Zeit ab Antragstellung am 20. Oktober 2009 einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Insbesondere hätten die Antragsteller glaubhaft gemacht, dass die erhaltene Abfindungszahlung verbraucht sei und Kindergeld- sowie Unterhaltszahlungen des Kindesvaters nicht erfolgten. Der Anordnungs...

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