Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Übernahme der Mietkosten für ein Atelier von selbstständig tätigen Künstlern
Orientierungssatz
Das SGB 2 bietet keine Rechtsgrundlage für die Übernahme der Mietkosten für ein Atelier, welches nicht als Wohnung, sondern für die seit mehr als 20 Jahren hauptberuflich ausgeübte selbstständige künstlerische Tätigkeit genutzt wird.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Kläger begehren von der Beklagten die Übernahme der Miete für ein von ihnen genutztes Atelier.
Die beiden 1955 bzw. 1956 geborenen, zusammen in einer von der Klägerin zu 1) gemieteten Wohnung lebenden Kläger sind seit mehr als 20 Jahren als bildende Künstler selbständig tätig. Für ihre künstlerische Arbeit nutzen sie gemeinsam ein ihnen von einer als "T B " auftretenden Gesellschaft untervermietetes Atelier, für das von ihnen ein monatlicher Mietzins in Höhe von 265,87 EUR zu zahlen ist.
Die Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 23. März 2005 (geändert durch Bescheid vom 20. April 2005) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (einschließlich eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung für die Klägerin zu 1)) sowie für Unterkunft und Heizung. Den Widerspruch vom 13. April 2005, mit dem die Kläger an die beantragte Übernahme der Aufwendungen für die Miete des Ateliers (sowie Leistungen für kostenaufwendige Ernährung des Klägers zu 2)) erinnerten, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2005 zurück.
Zur Begründung ihrer am 15. Juni 2005 erhobenen, auf die Übernahme der Aufwendungen für die Miete des Ateliers gerichteten Klage haben die Kläger vorgetragen, dass sie ihre künstlerische Tätigkeit zum Einkommenserwerb ausübten; sie seien damit täglich mehr als acht Stunden beschäftigt. Aus diesem Grund verstünden sie sich auch nicht als arbeitslos. In der Vergangenheit hätten sie von den dadurch erzielten Einnahmen bzw. Ersparnissen leben können. Derzeit würden sie jedoch keine - bzw. keine ausreichenden - Einkünfte erzielen. Insbesondere gelinge es ihnen angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Lage nicht, Kunstwerke zu einem ihrer Reputation angemessenen Preis zu verkaufen. Über nennenswertes Vermögen verfügten sie nicht (mehr). Sie seien für die weitere Ausübung ihres Berufs auf die Nutzung des Ateliers, in dem auch die von ihnen geschaffenen Kunstwerke lagerten, angewiesen.
Durch Urteil vom 24. August 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Für das Begehren der Kläger gebe es keine Rechtsgrundlage. Aus § 22 Abs. 1 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) folge ein solcher Anspruch nicht, da es sich bei dem Atelier nicht um die Wohnung der Kläger handele. Einem Anspruch auf Überbrückungsgeld nach § 57 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB III) stehe entgegen, dass diese Bestimmung von der Verweisung in § 16 SGB II ausgeschlossen sei. Auch könnten die Kläger nicht die Gewährung von Einstiegsgeld nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II verlangen, da die Kläger nicht eine Erwerbstätigkeit im Sinne diese Bestimmung aufnehmen, sondern eine bereits seit mehr als 20 Jahren ausgeübte fortsetzen wollten; zudem sei nicht ersichtlich, dass diese Leistung zur Eingliederung der Kläger in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich sei. Schließlich sei § 29 SGB II auch unter Beachtung der durch Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) geschützten Kunstfreiheit nicht entsprechend anzuwenden.
Gegen das ihnen am 6. September 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 23. September 2005 eingelegte Berufung der Kläger, die ihr Begehren weiterverfolgen.
Sie beantragen nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2005 in der Fassung des Bescheids vom 20. April 2005 und des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für das von ihnen gemietete Atelier für die Zeit vom 17. Februar bis 31. August 2005 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält.
Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit hingewiesen, die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zurückzuweisen, und ihnen Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte (), die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist, verwiesen.
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Der Senat weist die angesichts der Höhe der begehrten Leistung statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch B...