Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Beschwerde. Zulässigkeit. Beschwerdewert. Beitragsrahmengebühren. Erledigungsgebühren. Widerspruchsverfahren. Kosten. Willkür. Ausschluss der Beschwerde bei Nichterreichen des Beschwerdewertes hinsichtlich der Erstattung von Rechtsanwaltskosten

 

Orientierungssatz

1. Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 73 a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO gilt dies auch für die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in denen der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht wird.

2. Erreicht die Höhe der im PKH-Verfahren zuzusprechenden Rechtsanwaltsgebühren nicht den Beschwerdewert von 750.- €. , so ist die Beschwerde unzulässig. Der Beschwerdeführer kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht dadurch erzwingen, dass er entgegen einer eindeutigen gesetzlichen Regelung ein Begehren verfolgt, welches jeder sachlichen Grundlage entbehrt und somit willkürlich ist. Das ist u. a. dann der Fall, wenn der Anfall einer Rechtsanwaltsgebühr geltend gemacht wird, die unter keinen denkbaren Umständen tatsächlich angefallen ist.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. November 2009 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde, mit der sich der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. November 2009 wendet, mit dem das Sozialgericht seinen Antrag, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu gewähren, abgelehnt hat, ist unzulässig. Sie ist nach §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz Zivilprozessordnung (ZPO) nicht statthaft, da der zu Grunde liegende Rechtsstreit wegen Nichterreichens des Streitwertes von mehr als 750,00 € nicht berufungsfähig wäre.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne trifft § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe - also die §§ 114 bis 127a ZPO - entsprechend. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nach dem ersten Fall des zweiten Halbsatzes der Vorschrift nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Nach § 144 Abs. 1 SGG - der dem den Beschwerdewert der Berufung regelnden § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entspricht - bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € (Satz 1 Nr. 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 € (Satz 1 Nr. 2) nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2).

Zwar ist umstritten, ob § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren anwendbar ist (vgl. die zahlreichen Rechtsprechungs- und Literaturhinweise des 12. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008 - L 12 B 18/07 AL - juris, sowie die Beschlüsse des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 5. Dezember 2008 - L 8 AS 4968/08 - juris [bejahend] und des 13. Senats desselben Gerichts vom 23. Februar 2009 - L 13 AS 3835/08 - juris [verneinend]). Der Senat folgt aber der Auffassung, die die Vorschrift auch im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält. Sie entspricht dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des 12. Senats des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 15. Juli 2008 (a. a. O., RdNr. 14 bis 23).

§ 172 Abs. 3 SGG (in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung) steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn diese Vorschrift enthält keine spezielle - und damit auch die Vorschriften der Zivilprozessordnung nicht verdrängende - Regelung über einen Beschwerdeausschluss im sozialgerichtlichen Verfahren. Dagegen spricht schon der systematische Zusammenhang der Regelung. Nach Absatz 1 der Vorschrift findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an ...

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