Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. vorherige Zusicherung zum Umzug. fehlendes konkretes Wohnungsangebot. keine isolierte Feststellung der Erforderlichkeit des Auszugs. Verwaltungsübung. Unzulässigkeit der Elementenfeststellungsklage. Subsidiarität
Leitsatz (amtlich)
Keine isolierte Feststellung der Erforderlichkeit des Auszugs im Rahmen eines (einstweiligen) Zusicherungsverfahrens nach § 22 Abs 2 S 2 SGB 2.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Eilrechtsantrag als unzulässig erachtet.
Die 1979 geborene Antragstellerin zu 1 ist die Mutter der 2009 geborenen, nicht prozessfähigen (vgl § 71 Abs 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm §§ 104ff Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫) Antragstellerin zu 2, mit der sie eine Bedarfsgemeinschaft iS von § 7 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bildet. Da der Antragstellerin zu 1 das alleinige Sorgerecht für die Antragstellerin zu 2 zusteht, ist sie auch alleinvertretungsbefugt (§ 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB). Die Antragstellerinnen verfolgen mit ihrer Beschwerde ihr erstinstanzliches Begehren weiter, im Wege einer Regelungsanordnung (§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG) die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen einstweilen zuzusichern (bzw. zu erklären), dass der Auszug aus ihrer bisherigen Wohnung erforderlich ist, nachdem die Antragsgegnerin mit (i.S. von § 77 SGG) noch nicht bindend gewordenem Bescheid vom 21. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. September 2009 den am 11. August 2009 gestellten Antrag abgelehnt hatte, den Umzug in eine (nicht benannte) 2,5 oder 3 Zimmerwohnung zu genehmigen, der damit begründet worden war, dass die derzeit innegehabte 47 qm große Wohnung nach der Geburt der Antragstellerin zu 2 zu klein geworden sei.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein Anordnungsanspruch - die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist - sowie der Anordnungsgrund - die Eilbedürftigkeit der sofortigen Regelung - sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Bei dem Erlass einer Regelungsanordnung ist das Gericht an die Entscheidungsmöglichkeiten im Hauptsacheverfahren gebunden. Dementsprechend kann eine Regelungsanordnung nur auf einen rechtlichen Erfolg gerichtet sein, der auch im Rahmen einer Klage erreicht werden könnte. Daran fehlt es hier.
Das Verpflichtungsbegehren wäre nämlich mangels Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG) unzulässig, weil schon die Möglichkeit eines solchen Anspruchs auf Elemententeilvorabentscheidung nicht besteht (vgl. Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 3-2600 § 149 Nr 6; vgl auch Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02. April 2009 - L 28 B 2179/08 AS ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de, S. 2).
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706) soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind; der für den Ort der neuen Unterkunft örtlich zuständige kommunale Träger ist zu beteiligen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II).
Für eine isolierte Entscheidung über die Erforderlichkeit eines Auszugs aus der bisher innegehabten Wohnung ohne Nennung einer Zielwohnung fehlt es im Rahmen des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II an einer speziellen Anspruchsgrundlage. Ein Anspruch auf Erlass eines Bescheides, mit dem die Erforderlichkeit eines Auszugs bindend festgestellt wird, stünde im Widerspruch zum Wortlaut und zum Sinn und Zweck der Vorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II.
Die Erteilung einer Zusicherung i.S. dieser Norm setzt bereits nach dem Wortlaut die Vorlage eines konkreten Mietvertragangebots über eine bestimmte Wohnung mit einem bezifferten Mietzins voraus. Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II betrifft die Abgabe der Zusicherung zu den laufenden künftigen Aufwendungen ausdrücklich “die„ neue Unterkunft und hängt inhaltlich davon ab, dass der Umzug in diese Unterkunft notwendig ist und die Aufwendungen für “die„ neue Unterkunft angemessen sind (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2009 - L 13 AS 3036/07,...