Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe. Zulässigkeit der Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts ohne Kostenbegrenzung
Orientierungssatz
1. Die Beiordnung eines nicht im Bezirk des Gerichts ansässigen Rechtsanwalts ohne Beschränkung der Kosten ist im Rahmen der Prozesskostenhilfe dann möglich, wenn damit keine höheren Kosten zu erwarten sind, als sie durch die Beiordnung eines ansässigen Rechtsanwalts entstehen. Dabei sind in den Kostenvergleich alle Kosten einzustellen, die in der jeweiligen Konstellation entstehen, einschließlich der Kosten für Fahrten des Klägers und Kosten eines Verkehrsanwalts.
2. Einzelfall zur Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts ohne Kostenbegrenzung (hier: bejaht wegen ausländischem Mandanten).
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. August 2013 dahingehend geändert, dass Rechtsanwalt W K ohne Beschränkung beigeordnet wird.
Gründe
I.
Der in Rumänien lebende Kläger und Beschwerdeführer (im Weiteren: Kläger), der während seines Aufenthaltes in D am 02. Mai 2009 eine Gehirnblutung erlitten hatte, begehrt in der Hauptsache von der Beklagten die Anerkennung des Ereignisses vom 02. Mai 2009 als Arbeitsunfall.
Bereits mit Schriftsatz vom 15. September 2010 hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen bei der Beklagten die Prüfung eines Arbeitsunfalls beantragt und in der Folgezeit dargelegt, dass der Kläger aufgrund eines mit der Familie R H geschlossenen Arbeitsvertrages ab dem 07. Januar 2008 bei der Renovierung eines Häuserkomplexes in D tätig gewesen sei. Aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen (Überkopfarbeiten und ohne Schutzmaske in staubiger Umgebung, 10 bis 14 Stunden täglicher Arbeitszeit, unzureichender Verpflegung) sei es am 02. Mai 2009 zunächst zum Auftreten von Kopfschmerzen und dann zu starkem Nasenbluten und Übelkeit gekommen. Er habe sich mehrmals übergeben müssen, bevor er ohnmächtig geworden sei. Seinen Bitten, einen Krankenwagen zu rufen, sei der Arbeitgeber nicht nachgekommen. Erst als er bereits im Koma gelegen und man ihn von seiner Arbeitskleidung befreit habe, sei ärztliche Hilfe beigeholt worden. Nach Durchführung von weiteren Ermittlungen unter Einbeziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Februar 2011 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Widerspruch. Daneben führte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, ein Klageverfahren gegen R H wegen Lohnzahlungsansprüchen vor dem Arbeitsgericht Freiburg (7 Ca 46/11) bzw. dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (11 Ta 12/11). Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme durch Prof. Dr. S vom 02. Mai 2012 mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 zurück.
Am 08. Januar 2013 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage beim Sozialgericht (SG) Berlin, erhoben, diese begründet und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt.
Mit Beschluss vom 16. Augst 2013 hat das SG Berlin dem Kläger PKH ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt und den Prozessbevollmächtigten “zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts § 121 Abs. 3 Zivilprozessordnung -ZPO- i. V. m. § 73a Sozialgerichtsgesetz -SGG-“ beigeordnet.
Gegen den ihm am 23. August 2013 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 09. September 2013 beim SG Berlin Beschwerde eingelegt. Eine Beschränkung der Beiordnung zu den Konditionen eines ortsansässigen Anwaltes sei vorliegend nicht zulässig, da er im Ausland lebe und sein Prozessbevollmächtigter ihn bereits in allen anderen Verfahren im Bereich seines Wohnsitzes während des Aufenthaltes im Bundesgebiet vertreten habe. Der Prozessbevollmächtigte habe ihn insbesondere im arbeitsgerichtlichen und auch im strafrechtlichen Verfahren vertreten und sei in den äußerst komplexen Fall eingearbeitet. Der Anspruch auf eine ordnungsgemäße Vertretung gebiete es, ihm im vorliegenden Verfahren den bereits eingearbeiteten Prozessbevollmächtigten unbeschränkt beizuordnen.
Das SG Berlin hat die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg weitergeleitet.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG zulässig, da sie innerhalb der Frist des § 173 Abs. 1 SGG eingelegt worden und nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der ab dem 01. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen ist. Denn das SG Berlin hat nicht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint, sondern PKH ohne Festsetzung von Raten bewilligt. Die gegen die beschränkte Beiordnung eines Rechtsanwalts durch das SG Berlin eingelegte Beschwerde ist damit zulässig (vgl. Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 73a, Rn. 12b).
Die Beschwerde ist auch begründet. Vorliegend ist eine...