Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss
Orientierungssatz
1. Das Erreichen der Wertgrenze des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist nur als Regelung eines besonderen Falles eines Beschwerdeausschlusses zu verstehen, der anderweitige Beschwerdeausschlüsse nicht berührt.
2. Das Erreichen der Wertgrenze des § 144 SGG im Hauptsacheverfahren ist zur Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss auch nach der seit dem 1. 4. 2008 bzw. 11. 8. 2010 geltenden Fassung des § 172 Abs. 3 SGG weiterhin erforderlich.
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht statthaft. Sie ist daher in entsprechender Anwendung von § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entgegen der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Beschluss als unzulässig zu verwerfen.
Die Kläger begehren Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung eines Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Berlin, in dem sie sich gegen eine Rückforderung von 40 Euro durch den Beklagten wenden.
Danach überschreitet der Beschwerdewert nicht 750 Euro. Die Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss ist somit nicht statthaft.
Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO); die Regelungen sind durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 01. April 2008 durch Einfügung von § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ergänzt worden.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfeentsprechend. Die Verweisung bezieht sich auf alle in dem Buch 1, Abschnitt 2, Titel 7 der ZPO enthaltenen Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, soweit das SGG nicht ausdrücklich - etwa in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG - etwas anderes regelt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/u. a., a.a.O., § 73a, Rn. 2). Die "entsprechende Anwendung" fordert allerdings eine Anpassung der jeweils maßgeblichen Vorschriften der ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren, soweit prozessuale Besonderheiten bestehen. Dies betrifft insbesondere die Ersetzung des dem sozialgerichtlichen Verfahren fremden Rechtsmittels der "sofortigen Beschwerde" durch die "Beschwerde", ferner die Bestimmung des Beschwerdegerichts, nämlich des Landessozialgerichts statt eines höherinstanzlichen Zivilgerichts, sowie die Anpassung des maßgeblichen Werts des Beschwerdegegenstandes für die Berufung. Dieser liegt in Zivilverfahren gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bei 600,00 EUR, während hier der seit dem 01. April 2008 in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geregelte Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR maßgeblich ist, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Mit Wirkung zum 01. April 2008 ist mit der Einführung von § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe - unabhängig vom Wert des Beschwerdewerts - nunmehr "zusätzlich" und damit immer ausgeschlossen worden, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, L 12 B 18/07 AL).
Der Senat verkennt nicht, dass die entsprechende Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO hinsichtlich des Beschwerdewertes streitig ist (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg vom 02. Januar 2007 - L 13 AS 4100/06 PKH-B; LSG Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2007 - L 10 B 217/07 AS PKH, Leitherer, a.a.O., § 73a Rn. 12 sowie die zahlreichen Rechtsprechungs- und Literaturhinweise des 12. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008 - L 12 B 18/07 AL - juris, sowie die Beschlüsse des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 05. Dezember 2008 - L 8 AS 4968/08 - juris [bejahend] und des 13. Senats desselben Gerichts vom 23. Februar 2009 - L 13 AS 3835/08 - juris [verneinend]) und der 6. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen seine Rechtsprechung hinsichtlich der Wertgrenze im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zuletzt vor dem Hintergrund der seit dem 01. April 2008 in § 172 Abs. 3 SGG geregelten Beschwerdeausschlusstatbestände sogar aufgegeben hat (LSG Niedersachsen-Bremen vom 06. Mai 2008 - L 6 B 48/08 AS).
Gleichwohl hält der Senat - auch eingedenk der seit dem 01. April 2008 und auch der seit dem 11. August 2010 geltenden Fassung des § 172 Abs. 3 SGG - eine entsprechende Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO bzw. regelmäßig das Erreichen der Wertgrenze des § 144 SGG im PKH-Beschwerdeverfahren weiterhin für erforderlich (vgl. zur Rechtsprechung des Senates vor dem Änderungsgesetz vom 26. März 2008, LSG Berlin-Brandenburg vom 21. Januar 2008 - L 20 B 1778/07 AS PKH).
Die in § 73a SGG angeordnete "entsprechende" Gelt...