Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung der Behörde gegen einen Kostenerstattungsanspruch aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten
Orientierungssatz
1. Im sozialgerichtlichen Verfahren finden die die Aufrechnung betreffenden zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 387 ff. BGB entsprechende Anwendung. An einer gleichartigen Forderung i. S. von § 387 BGB fehlt es, wenn eine Geldforderung einem Kostenfreistellungsanspruch gegenübersteht.
2. Hat der Kostenbeamte des Gerichts aber bereits den Betrag der aus einem Rechtstreit nach § 193 SGG zu erstattenden Kosten festgesetzt, so richtet sich der ergangene Beschluss ausschließlich auf Zahlung von Geld. Damit ist das zur Zulässigkeit der Aufrechnung notwendige Erfordernis der Gleichartigkeit erfüllt.
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. April 2018 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) des Beklagten ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel der Berufung, das nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegend ausgeschlossen ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- € nicht übersteigt, ist nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Die in den Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.
Der Rechtssache kommt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Sie wirft im Hinblick auf bereits vorliegende höchstrichterliche Rspr eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, nicht auf. Soweit der Beklagte die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob die Aufrechnungserklärung des Jobcenters im Rahmen eines Kostenerstattungsverfahrens mit einer Erstattungsforderung, welche dem Jobcenter gegenüber einer leistungsberechtigten Person zusteht, in entsprechender Höhe zum Erlöschen des Kostenerstattungsanspruchs führe, weil sich zwei gleichartige Forderungen gegenüber ständen, wenn ein Widerspruchsführer einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen im Klageverfahren beauftragt, ergibt sich die Beantwortung der gegenständlichen Rechtsfragen bereits aus dem Gesetz bzw aus höchstrichterlicher Rechtsprechung auch anderer oberster Bundesgerichte. Gleiches gilt für die weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob aus § 197 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Befreiungsanspruch folgt, der die Aufrechnung hindert.
Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass im sozialrechtlichen Verfahren die die Aufrechnung betreffenden zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 387 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), soweit sich aus §§ 51 ff Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) - nichts Abweichendes ergibt, entsprechende Anwendung finden (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteile vom 12. Juni 2008 - B 3 P 1/07 R - juris - Rn 13, vom 11. Oktober 1979 - 3 RK 88/77 - juris - Rn 13 und vom 25. August 1961 - 1 RA 233/59 - juris Rn 12f). Sodann ist ebenfalls höchstrichterlich geklärt, dass es an der Voraussetzung einer gleichartigen Forderung gemäß § 387 BGB fehlt - danach bewirkt die Aufrechnung, dass Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt als erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind -, wenn eine Geldforderung einem Freistellungsanspruch gegenüber steht (vgl BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - IX ZR 135/08 - juris - Rn 3; Urteil vom 6. Juli 1977 - IV ZR 17/76 - Rn 51; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2015 - L 6 AS 288/13 - juris - Rn 31). Ein solcher Freistellungsanspruch besteht etwa in Ausfluss eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), der nicht von einer tatsächlich geleisteten Zahlung des Erstattungsgläubigers abhängt, vielmehr ausreichend ist, wenn dieser einer Honorarforderung des bevollmächtigten Rechtsanwalts tatsächlich ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014 - B 14 AS 60/13 R - juris Rn. 2; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. Mai 2009 - L 1 AL 13/08 - juris Rn. 34) - soweit der Erstattungsanspruch weder an den Bevollmächtigten abgetreten noch ein Forderungsübergang aus sonstigen Gründen eingetreten ist und solange der Erstattungsgläubiger den Gebührenanspruch des Rechtsanwalts noch nicht beglichen hat (vgl BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014 - B 14 AS 60/13 R - juris - Rn 17; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Oktober 2016 - L 31 AS 1774/16 - juris - Rn 32; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2015 - L 6 AS 288/13 - Rn 26 f).
Vorliegend ist der Beklagte indes einem Kostenerstattungsanspruch aus einem - rechtskräftigen - Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. August 2017 (- S 66 AS 4430/15 -) nach § 197 SGG ausgesetzt, in dem der Kostenbeamte, wie sich zw...