Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende. Auszubildende. Förderungsfähigkeit. Leistungsausschluss. Härtefall. Zusammenleben mit Kind. Darlehensweise Bewilligung von Grundsicherungsleistungen trotz BaföG-Förderungsfähigkeit bei Vorliegen eines besonderen Härtefalles. Grundsicherung für Arbeitslose in einer BAföG-fähigen Ausbildung
Leitsatz (redaktionell)
1. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose sind nicht – auch nicht vorläufig – zu erbringen, wenn der oder die Arbeitslose sich in einer Ausbildung befindet, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähig ist. Diese gesetzliche Regelung begründet als solche keinen Härtefall als Voraussetzung einer Leistung von Grundsicherung als Darlehen.
2. Einen besonderen Härtefall begründet weder der Abbruch eines früheren Studiums noch das Fehlen einer abgeschlossenen Berufsausbildung.
3. Die Nichtanwendbarkeit des Ausschlusses von Grundsicherungsleistungen für BAföG-geeignete Ausbildungen, wenn wegen § 2 Abs. 1a BAföG kein BAföG-Anspruch besteht, gilt nicht für einen Anspruchsausschluss aus anderen Gründen.
4. Der Ausschluss von Grundsicherungsleistungen für BAföG-geeignete Ausbildungen ist im Fall einer Bedarfsberechnung der BAföG-Leistungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 oder § 66 Abs. 1 S. 1 BAföG nur dann nicht anwendbar, wenn der oder die Auszubildende tatsächlich Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezieht.
5. Das Landessozialgericht kann den Vollzug einer angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung nicht aussetzen.
Orientierungssatz
1. Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung hat derjenige nicht, der einer nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung nachgeht.
2. Nur bei Vorliegen eines besonderen Härtefalles können dem dem Grunde nach nach dem BAföG förderungsfähigen Auszubildenden gemäß § 7 Abs. 5 SGB 2 Grundsicherungsleistungen darlehensweise gewährt werden. Ein solcher besteht weder dann, wenn ein zunächst betriebenes Studium abgebrochen wurde, noch dann, wenn eine begonnene Berufsausbildung nicht abgeschlossen wurde.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 5 Sätze 1-2, Abs. 6 Nrn. 1-2, § 16; BAföG § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1a, § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2; BaföG § 12 Abs. 1 Nr. 1; BAföG § 66 Abs. 1 S. 1; SGG § 175 S. 3
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Februar 2009 aufgehoben; der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.
Der Antragstellerin sind weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht zu er-bringen - auch nicht als Darlehen.
Die Antragstellerin hat nach § 7 Abs. 5 Satz 1 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, da sie einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung nachgeht. Dies hat das Sozialgericht zutreffend erkannt, auf dessen Erwägungen der Senat insoweit in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verweist; auch die Beteiligten erinnern dagegen nichts.
Nicht folgen kann der Senat allerdings dem Sozialgericht darin, dass ein “besonderer Härtefall„ i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II anzunehmen sei, so dass der Antragstellerin Leistungen als Darlehen zu gewähren seien (oder sein könnten). Die Erwägung des Sozialgerichts, ein derartiger “besonderer Härtefall„ sei darin zu sehen, dass die Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs erhalten würde, wenn sie nicht mit einem Kind zusammenlebte, erscheint zwar im Ansatz zumindest vertretbar; denn eine Benachteiligung einer oder eines Auszubildenden aufgrund des Zusammenlebens mit einem Kind könnte aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig sein.
Indes stünden der Antragstellerin auch dann keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs zu, wenn sie nicht mit einem Kind zusammen lebte. Auch dann hätte sie aufgrund der Regelung in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (zu einem vergleichbaren Sachverhalt auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 - L 26 B 60/08 AS ER -).
Die Anwendung dieser Vorschrift wäre nicht nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II ausgeschlossen. Die Antragstellerin hätte nicht “auf Grund von § 2 Abs. 1a (BAföG) keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung„, sondern aufgrund des § 7 Abs. 3 BAföG. § 2 Abs. 1a BAföG ist nicht maßgeblich, da die Antragstellerin keine “in Absatz 1 Nr. 1„, sondern eine in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAföG bezeichnete Ausbildungsstätte besucht, nämlich “Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt (und) in einem zumindest zweijährigen (hier: dreijährigen) Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss (hier: Staatlich ane...