Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Todes. Witwenrente. widerlegbare Vermutung. Versorgungsehe. kurze Ehedauer. Widerlegung der Versorgungsvermutung. Versorgungsabsicht
Orientierungssatz
1. Das Heiratsmotiv der Herstellung der rechtlichen Ordnung kann als gewichtiges Argument gegen die gesetzliche Versorgungsvermutung nach § 46 Abs 2a bewertet werden.
2. Die Versorgungsvermutung nach § 46 Abs 2a SGB 6 kann widerlegt werden, wenn der Tod nachweislich objektiv nicht vorhersehbar war.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13.September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte der Klägerin auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Gewährung einer Witwenrente.
Die 1947 geborene Klägerin stellte am 20. März 2008 bei der Beklagten eingehend einen Antrag auf Hinterbliebenenrente. Sie ist die Witwe des 1948 geborenen und am 09. Januar 2008 verstorbenen G (Versicherter). Die Klägerin und der Versicherte hatten am 19. Dezember 2007 ein zweites Mal die Ehe geschlossen, nachdem sie bereits am 14. Mai 1975 erstmals geheiratet hatten und am 29. November 1991 rechtskräftig geschieden worden waren. Aus der der Ehe ging die 1980 geborene Tochter P hervor. Ab Mai 1995 war das gemeinsame Zusammenleben wieder aufgenommen worden.
Ab 02. Februar 2007 war der Versicherte arbeitsunfähig aufgrund einer Erkrankung an einem cerebral metastasierten biphasischen pulmonalen Blastom, das im Februar 2007 erstmals diagnostiziert worden war. Nach einer Hämatomausräumung am 02. Februar 2007 erfolgte vom 14. März bis 24. März 2007 eine palliative Strahlentherapie und chemotherapeutische Behandlung. Er wurde in der C vom 29. März bis 04. April 2007, in der Zeit vom 31. Mai 2007 bis 04. Juni 2007 und vom 28. August bis 31. August 2007 behandelt.
Am 26. Februar 2007 wurde die Tochter des Versicherten zu seiner Betreuerin bestellt mit dem Aufgabenkreis “Aufenthaltsbestimmung zwecks Heilbehandlung und Pflege, Gesundheitssorge, Vermögenssorge einschließlich Vertretung vor Behörden und Versicherungsträgern„.
Außerhalb der Zeit der Krankenhausaufenthalte lebte der Versicherte in seiner häuslichen Umgebung, in der er von der Klägerin, seiner Tochter und der Schwester der Klägerin gepflegt wurde.
Mit Bescheid vom 25. April 2008 lehnte die Beklagte einen Antrag der Klägerin auf Witwenrente aus der Versicherung des Versicherten ab. Nach § 46 Abs. 2 a SGB VI i. V. m. § 242 a Abs. 3 SGB VI seien bei Ehen, die nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen wurden, ein Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn eine so genannte Versorgungsehe vorliege. Die gesetzliche Vermutung wurde als nicht widerlegt erachtet. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin über ihren damaligen Prozessbevollmächtigten damit, der Tod des Versicherten sei objektiv nicht vorhersehbar gewesen. Der Verlauf der Erkrankung habe bei sachgerechter Behandlung eine lange unbestimmte Lebenserwartung annehmen lassen. Es habe dem Wunsch des Versicherten entsprochen, das langjährige Zusammenleben mit seiner früheren Ehefrau wieder in der Form der Ehe fortzusetzen. Die Vorschrift des § 46 Abs. 2 SGB VI solle dem Missbrauch der Eheschließung zum Zweck des Erwerbs einer Versorgung vorbeugen. Davon könne nicht ausgegangen werden, denn die Klägerin habe schon bei Durchführung des Scheidungsverfahrens einen erheblichen Teil der Versorgungsanwartschaft erhalten aus der Zeit der vollen Erwerbstätigkeit des Versicherten. Damit sei die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe widerlegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der am 30. März 2009 beim Sozialgericht (SG) eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Witwenrente weiter. Zur Begründung wurde getragen, die gesetzlichen Voraussetzungen einer großen Witwenrente seien erfüllt. Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2 SGB VI sei widerlegt. Es lägen erwiesene Umstände vor, die belegten, dass die erneute Heirat weder allein noch überwiegend bezweckt habe, eine Witwenrente zu erlangen. Zu den besonderen Umständen, die die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegten, gehörten die lange Dauer der der zweiten Heirat am 19. Dezember 2007 vorangegangenen Lebensgemeinschaft und die gemeinsame Tochter. Die Aussicht auf Heilung des Versicherten habe wohl nicht bestanden, aber die Erkrankung sei nach der Operation und der Strahlen- und Chemotherapie stabil verlaufen und habe Dank der Pflege die Erwartung zugelassen, der Versicherte werde nach der zweiten Heirat noch viele Monate, ein Jahr oder noch länger leben. Auf einen tödlichen Verlauf der Erkrankung hinzuweisen, begründe allein nicht die Befürchtung eines baldigen Ablebens nach der zweiten Heirat.
Die Klägerin hat in erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Febr...