Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellungsinteresse. Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen. Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten. Erforderlichkeit des Umzugs. Angemessenheit der Aufwendungen. Sozialgerichtliches Verfahren: Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellungsinteresse wegen einer Wiederholungsgefahr bei einer Verwaltungsentscheidung über eine Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten
Leitsatz (redaktionell)
Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse besteht u. a., wenn die Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen droht. Daran fehlt es, wenn ungewiss bleibt, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen werden wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts.
Normenkette
SGG § 131 Abs. 1 S. 3; SGB II § 22 Abs. 2, 2a
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtliche Kosten der Klägerin im gesamten Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1987 geborene Klägerin steht seit 01. Januar 2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Sie lebte jedenfalls bis November 2005 zunächst gemeinsam in einem Haushalt mit ihrer Mutter K S und ihrer am 1995 geborenen Schwester S S. Im Juli 2006 stellte die Klägerin einen “Antrag auf Mietkostenübernahme„ für die Wohnung C, B. Mit Bescheid vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 lehnte der Beklagte unter Bezugnahme auf die zum 1. April 2006 durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 588) erfolgte Einfügung des § 22 Abs. 2a Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) die Übernahme der begehrten Unterkunftskosten ab mit der Begründung, dass die Klägerin als unter 25-jährige Hilfeempfängerin auf die Wohnung der Mutter zu verweisen sei und keine schwerwiegenden Gründe dargelegt habe, die die begehrte Neuanmietung mit den damit verbundenen Folgekosten erforderlich machen würden.
Nachdem die Klägerin im Klageverfahren zunächst eine Verurteilung des Beklagten zur Abgabe einer Zusicherung für die Übernahme der Kosten der in Rede stehenden Wohnung begehrt hatte, hat sie nach der anderweitigen Vermietung dieser Wohnung im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem Sozialgericht (SG) Berlin am 15. Juni 2007 beantragt, festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 rechtswidrig war und sie einen Anspruch auf Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung C, B, hatte. Das SG hat dieser Klage mit Urteil vom 15. Juni 2007 antragsgemäß stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Umstellung von der ursprünglich erhobenen Leistungsklage zur statthaften Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Feststellung, dass sie einen Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung für die Kosten der im Klageantrag bezeichneten Wohnung gehabt habe. Auch nach Wegfall der Wohnung bestehe das berechtigte Interesse der Klägerin fort, weil diese weiterhin eine eigene Wohnung wünsche und die Gefahr bestehe, dass der Beklagte einen entsprechenden Antrag mit derselben Begründung ablehne und die Klägerin erneut auf die Wohnung der Mutter verweise. Die Klage sei auch begründet. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die begehrte Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II zu erteilen. Es habe ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund im Sinne des § 22 Abs. 2a Satz 2 Nr. 3 SGB II in der ab 01. April 2006 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung vorgelegen. Denn die Wohnung der Mutter sei entgegen der Ansicht des Beklagten zu klein und die Wohnverhältnisse dort unzumutbar beengt, wenn auch die Klägerin dort wohnte.
Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen dieses Urteil. Er trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG sei die Wohnung der Mutter der Klägerin gerade noch ausreichend für drei Personen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin diverse widersprüchliche Angaben zu ihren Antragstellungen gemacht habe und die Gründe für mehrere in der Vergangenheit liegende Umzüge offenbar in immer wieder auftretenden Streitsituationen gelegen hätten. Die Wohnverhältnisse in der Wohnung der Mutter seien nicht unzumutbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und geht weiter davon aus, dass sie mit dem ergangenen Feststellungsurteil ihr berechtigtes Interesse eher verwirklichen könne, künftig eine entsprechende Zusicherung des Beklagten zu erwirken, um in eine ihr zumutbare Wohnung umziehen zu können. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Wohnverhältnisse in der W...