Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem als Minderheitsgesellschafter einer GmbH bestellten Geschäftsführer

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist der Geschäftsführer einer GmbH an deren Stammkapital nur mit 10 % beteiligt, bezieht er ein fest vereinbartes monatliches Gehalt, hat er Anspruch auf Vergütungsfortzahlung bei Dienstverhinderung und auf bezahlten Urlaub, untersteht er dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung und ist er in den Betrieb der GmbH eingegliedert, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Dem widerspricht nicht eine Abänderung der Vergütung mit einem damit verbundenen erheblichen Einfluss des wirtschaftlichen Erfolgs auf die Höhe der Bezüge.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin seit dem 1. Mai 2009 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.

Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 20. Dezember 1993 als Steuerberatungsgesellschaft mbH gegründet und am 15. November 1993 in das Handelsregister eingetragen. Die Beigeladene zu 1) war bei ihr vom 15. Januar 1997 bis zum 30. April 2009 als Steuerfachgehilfin beschäftigt. Durch Gesellschafterversammlung vom 1. Mai 2009 wurde die Beigeladene zu 1), mittlerweile Steuerberaterin, zur weiteren Geschäftsführerin der Klägerin bestellt. Die Klägerin hatte zu dieser Zeit ein Stammkapital von 27.000,- €, das in Höhe von 21.600,- € von der Sozietät H H K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte, geschäftsansässig in Bonn-B, und jeweils in Höhe von 2.700,- € durch Herrn J und Herrn C, beide wohnhaft in Brandenburg, gehalten wurde. Im Mai 2009 waren als Geschäftsführer der Klägerin in das Handelsregister eingetragen Herr H, Herr K, Frau A, Herr J und Herr C. Die Beigeladene zu 1) wurde in der Gesellschafterversammlung auch als Gesellschafterin mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 2.700,- € aufgenommen, den sie von der Sozietät HH K und Sozien Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte erwarb, wodurch sich der Gesellschaftsanteil der Sozietät auf 18.900,- € reduzierte. Nach § 1 des Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 1. Mai 2009 hatte die Beigeladene zu 1) den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Vereinbart für sie war ein monatliches Bruttogehalt von 3.600,- € sowie eine Tantieme in Höhe von 10 bzw. 15% des ermittelten Jahresüberschusses. Am 21. Juli 2009 schloss die Beigeladene zu 1) mit den anderen Gesellschaftern der Klägerin eine “Gesellschaftervereinbarung„, in der (u.a.) bestimmt war, dass unabhängig von den gesellschaftsvertraglichen Regeln Beschlüsse über Abschluss, Änderungen und Aufhebung von Verträgen, die Leistungsbeziehungen zu Gesellschaftern und deren nahen Angehörigen im Sinne von § 15 AO zum Gegenstand hätten, nur mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) gefasst werden könnten. Die Bestellung der Beigeladenen zu 1) zur weiteren Geschäftsführerin mit Alleinvertretungsbefugnis wurde am 17. August 2009 in das Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin beantragte am 24. September 2009 bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Nach Auswertung der dazu übersandten Unterlagen hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) am 21. Juli 2010 dazu an, dass sie beabsichtige, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Entsprechend der Ankündigung stellte die Beklagte durch Bescheid vom 20. August 2010 fest, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für die Klägerin seit dem 1. Mai 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) in einem gesonderten Arbeitsvertrag geregelt sei, dass mit dem vorhandenen Anteil am Stammkapital kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausgeübt werden könne und dass eine feste Vergütung vereinbart worden sei. Auf eine selbständige Tätigkeit deute dagegen hin, dass die Beigeladene zu 1) einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei und dass sie aufgrund der erfolgsabhängigen Tantiemen am Gewinn der Gesel...

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