Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung. Anwendbarkeit des RV/UVAbk POL. Wohnort. gewöhnlicher Aufenthalt. Aufenthaltsstatus
Orientierungssatz
Zur Bestimmung des Wohnortes iS des Art 27 Abs 2 S 1 und S 2 SozSichAbk POL iVm Art 1 Nr 2 RV/UVAbk POL.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die ihr bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 (Abk Polen RV/UV) nach dem so genannten „Eingliederungsprinzip“ zu berechnen.
Die 1959 in W geborene Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Sie war zunächst in Polen beschäftigt, ehe sie nach Berlin (West) übersiedelte. Dort war sie von Dezember 1988 bis Februar 1989 in Berlin N polizeilich gemeldet, anschließend wieder in Polen und sodann ab dem 15. September 1990 wieder in Berlin K unter der Adresse ihres jetzigen Ehemannes gemeldet. Nach Scheidung von ihrem ersten Ehemann in Polen 1991 heiratete sie 1992 ihren jetzigen Ehemann, einen in Berlin lebenden österreichischen Staatsangehörigen. Im April 1994 beantragte sie erstmalig eine Aufenthaltsgenehmigung, die ihr zunächst befristet und im Jahr 1999 unbefristet erteilt wurde. Zuvor war sie in Berlin ausländerrechtlich überhaupt nicht registriert, hatte mithin weder Asyl beantragt noch war ihr eine Duldung erteilt worden, so dass sie über keinerlei ausländerrechtlichen Status verfügte.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin aufgrund eines im Mai 2007 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs - zunächst befristet für den Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 31. Januar 2008 (Bescheid vom 7. August 2007) - Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte ermittelte die Rentenhöhe nach einer „zwischenstaatlichen Berechnung“ gemäß den Regelungen der EWGV 1408/71. Dabei ergaben sich 4,5975 persönliche Entgeltpunkte (pEP) und 0,0188 pEP (Ost) sowie ein monatlicher Zahlbetrag von 120,56 Euro (für die Zeit ab 1. Juni 2005). Den Widerspruch der Klägerin, die sich auf fehlende polnische Zeiten bei der Berechnung der Rente berief, wies die Beklagte zurück, weil alle vom polnischen Versicherungsträger gemeldeten Zeiten berücksichtigt worden seien (Widerspruchsbescheid vom 18. März 2008).
Mit ihrer am 16. April 2008 beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe Anspruch auf Berechnung ihrer Rente nach den Vorschriften des Abk Polen RV/UV. Nach einer von der Beklagten durchgeführten Probeberechnung (vom 5. September 2012) würde sich auf dieser Grundlage ein monatlicher Rentenzahlbetrag von ca. 500 Euro ergeben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die Rente wegen Erwerbsminderung zunächst weiter bis Januar 2011 und sodann auf Dauer bewilligt (Bescheide vom 14. Februar 2008 und 13. Januar 2011).
Das SG hat die gegen die erste - befristete - Rentenbewilligung gerichtete Klage (vom 16. April 2008) durch Urteil vom 18. Mai 2011 abgewiesen. Die Klägerin habe sich zwar seit dem 15. September 1990 in Deutschland aufgehalten, hier aber noch nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Zu den dafür maßgeblichen tatsächlichen Umständen könne bei Ausländern auch deren ausländerrechtlicher Status gehören. Entscheidend sei aber nicht der formale ausländerrechtliche Titel, sondern wie sich die Aufenthaltslage nach den erteilten Bescheinigungen der Ausländerbehörde, deren Praxis unter gegebener Rechtslage darstelle. Ein gewöhnlicher Aufenthalt sei anzunehmen, wenn der Ausländer die Gewissheit habe, im Inland bleiben zu dürfen und nicht abgeschoben zu werden (Hinweis auf Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 4. November 1998, B 13 RJ 9/98 R, veröffentlicht in juris). Eine solche Gewissheit habe die Klägerin weder bis zum 31. Dezember 1990 noch bis zum 30. Juni 1991 haben können, weil sie über keinerlei aufenthaltsrechtlichen Status verfügt habe. Zwar seien in einer Weisung des Berliner Senats für Inneres vom 12. Juni 1987 polnische Staatsangehörige selbst nach negativem Abschluss eines Asylverfahrens unbegrenzt in Berlin geduldet oder es sei ihnen auch ohne Asylverfahren eine auf ein Jahr begrenzte Duldung erteilt worden, sofern sie einen Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe sichern konnten. Dies komme der Klägerin aber nicht zugute, weil ihr Aufenthaltsstatus durch keinerlei Entscheidung der Ausländerbehörde legalisiert und damit von vornherein unsicher gewesen sei.
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat die Berufung durch Urteil vom 28. Februar 2013 zurückgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Anwendung der Regelungen des Abk Polen RV/UV, denn sie habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht bis zum 31. Dezember 1990 bzw. bis zum 30. Juni 1991 in die Bundesrepub...