Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7. Beschäftigung. öffentlich rechtliches Ausbildungsverhältnis. Rechtsreferendar. Ausschluss der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge des Landes Berlin gem § 10 Abs 3 S 2 JAG BE. keine Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs 1 Nr 1 SGB 7
Orientierungssatz
Zum Ausschluss der beamtenrechtlichen Unfallfallfürsorge für Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis des Landes Berlin nach § 10 Abs 3 S 2 JAG BE.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch dessen notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1989 geborene Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 21. Dezember 2017 als Arbeitsunfall in der Zuständigkeit der Beklagten. Von Mai 2017 bis Mai 2019 war der Kläger Rechtsreferendar bei dem Land Berlin (vgl. Bescheid über die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst vom 02. Mai 2017, Schreiben des Präsidenten des Kammergerichts vom 27. September 2019). Auf dem Rückweg von einem Verwaltungsrechtslehrgang verletzte er sich aufgrund eines Gleichgewichtsverlustes durch ein Rucken der von ihm genutzten U-Bahn, was zu einer Luxation des PIP (proximalen Interphalangealgelenkes) am Kleinfinger der rechten Hand führte (vgl. Unfallanzeige des Präsidenten des Kammergerichts vom 03. Januar 2018). Diese wurde zunächst durch Reposition und Ruhigstellung in einer Gipsschiene in der Rettungsstelle des V Klinikum am U versorgt (vgl. Bericht vom 22. Dezember 2017) sowie später mit Physio- und Ergotherapie behandelt (vgl. Berichte des Durchgangsarztes Dr. W vom 22. Dezember 2017 und 13. März 2018 sowie des Durchgangsarztes Dr. O vom 26. Juni 2019). Arbeitsunfähigkeit bestand zunächst vom 22. Dezember 2017 bis zum 05. Januar 2018. Wegen andauernder Beschwerden bzw. Bewegungseinschränkungen erfolgte ab April 2018 die Vorstellung bei Dr. T/ Dr. R in der UBS B (vgl. Berichte vom 30. April 2018). Während eines stationären Aufenthaltes vom 18. Juni bis zum 24. Juni 2019 im CCentrum für Muskeloskeletale Chirurgie erfolgte am 18. Juni 2019 eine Arthrolyse und Synovektomie des PIP sowie Tenolyse der tiefen Beugesehne des rechten Kleinfingers (vgl. Berichte vom 06. Februar 2019, 24. Juni 2019 und 04. Juli 2019, sowie OP-Bericht vom 05. September 2019).
Mit am 14. Juni 2019 bei der Beklagten eingegangenem Schriftsatz seiner vormaligen Prozessbevollmächtigten machte der Kläger u.a. Ansprüche aus Amtshaftung sowie einen Dauerschaden und Schmerzensgeld geltend. Die andauernden Einschränkungen seien auf eine fehlerhafte Behandlung durch den Durchgangsarzt Dr. W zurückzuführen. Dieser habe die Gipsschiene zu spät abgenommen, so dass der Finger sich versteift habe. Die Beklagte lehnte es mit dem „Bescheid über Ablehnung einer Entschädigung“ vom 15. Oktober 2020 ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der Kläger unterfalle als Rechtsreferendar den beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevorschriften nach dem Berliner Landesbeamtenversorgungsgesetz (LBeamVG) und sei deswegen nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 09. November 2020, den dieser damit begründete, dass er in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sei, da für die Referendare nach geltender Rechtslage im Land Berlin keine Unfallfürsorge geleistet werde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2021, als unbegründet zurück. Ein Leistungsausschluss für die Unfallfürsorge sei dem Gesetz über die Ausbildung von Juristinnen und Juristen im Land Berlin (Berliner Juristenausbildungsgesetz - JAG) vom 23. Juni 2003 nicht zu entnehmen, sodass der Kläger der staatlichen Unfallfürsorge unterliege und somit in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherungsfrei sei.
Mit seiner am 28. April 2021 beim Sozialgericht Berlin (SG) eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren unter Vertiefung seines Vorbringens weiterverfolgt. § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 JAG regele, dass die Ausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses erfolge. § 10 Abs. 3 JAG schließe die entscheidende Vorschrift - § 75 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes von Berlin (LBG), der Besoldung und Versorgung regele, wozu die Unfallfürsorge zähle - aus. Sinn und Zweck der Reform der Juristenausbildung im Land Berlin sei gewesen, Referendare aus dem Beamtenverhältnis heraus in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis zu überführen. Dieses Ausbildungsverhältnis gleiche einem Angestelltenverhältnis, für das - mit Ausnahme der Rentenversicherung - Sozialversicherungspflicht in allen anderen Zweigen bestehe. Davon sei im Übrigen auch der Gesetzgeber ausgegangen, wie sich aus der Drucksache des Abgeordnetenhauses von Berlin, 15/1557, Seite 21, ergebe. Diese...