Entscheidungsstichwort (Thema)
Stellungnahmeberechtigung eines Spitzenverbandes der Ergotherapeuten zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte
Leitsatz (amtlich)
Das Stellungnahmerecht zu Änderungen der bestehenden Heilmittelrichtlinien nach § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V kann aufgrund der Wechselwirkung zu § 125 SGB V nicht weiter gehen als das inhaltliche Recht zum Abschluss der Heilmittelverträge mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
Aufgrund des derzeit bestehenden Ausschlusses der Ergotherapie als Heilmittel im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung hat ein Spitzenve3rband der Ergotherapeuten kein Stellungnahmerecht zur Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, im Rahmen von Änderungen der „Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Versorgung“ (Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte/ HeilM-RL ZÄ) Stellung zu nehmen.
Der Kläger ist ein am 31. März 2004 gegründeter und nunmehr im Vereinsregister des Amtsgerichts W zur Registernummer eingetragener Verein. Nach § 2 seiner Satzung (i.d.F. vom 10.12.2021)ist der Zweck des Vereins die berufliche Förderung seiner Mitglieder. Ziel ist es, die Wertschätzung, Anerkennung, Relevanz und Bekanntheit der Ergotherapie durch alle sinngebenden und zur Verfügung stehenden Mittel zu steigern.
Der Beklagte ist gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ermächtigt, Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln im Sinne von § 32 SGB V zu erlassen. Sie dienen der Gewähr einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln. Nach § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V hat der Beklagte vor seiner Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln den in § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
Nachdem der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in seinen jeweils geltenden Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmitteln die Verordnung aller Formen der Heilmittel unterschiedslos für alle Vertrags(zahn)ärzte regelte, entschied der Beklagte bei seiner Neuordnung der Heilmittelrichtlinie mit Beschluss vom 19. Mai 2011 in der Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL) vom 20. Januar 2011 auf Veranlassung des Bundesministeriums für Gesundheit, dass die neu gefasste Heilmittel-Richtlinie nicht für die vertragszahnärztliche Versorgung gelte. In § 1 Abs. 3 der ab dem 1. Juli 2011 geltenden Heilmittel-Richtlinie wurde folgender Satz 2 eingefügt:
„Die Richtlinie gilt nicht für die Verordnung von Heilmitteln durch Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte.“
In den tragenden Gründen zum Beschluss vom 19. Mai 2011 führte der Beklagte aus, dass die zahnärztlichen Besonderheiten in der Heilmittelversorgung erst in einem weiteren Beratungsverfahren erörtert und gegebenenfalls ergänzend in der Heilmittel-Richtlinie geregelt werden sollen. Der Beschluss wurde mit der Maßgabe verbunden, dass die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) die Heilmittel-Richtlinie im Nachgang dahingehend prüft, inwieweit Änderungen aufgrund der Betroffenheit von Zahnärzten und Zahnärztinnen notwendig sind.
Auf Antrag der KZBV beschloss das Plenum des Beklagten am 17. April 2014, dass die Regelungen zu vertragszahnärztlichen Spezifika für die Verordnung von Heilmitteln in einer eigenen Richtlinie mit einem eigenen Heilmittel-Katalog für den vertragszahnärztlichen Sektor verortet werden sollen. Am 20. April 2016 wurde beschlossen, das Stellungnahmeverfahren vor abschließender Entscheidung des Beklagten gemäß § 10 seiner Verfahrensordnung (VerfO) zur Umsetzung von weiteren gesetzlichen Beteiligungsrechten bei Erstfassung der Richtlinie einzuleiten.
Der Beklagte beschloss am 15. Dezember 2016 die Erstfassung der Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte/HeilM-RL ZÄ) (BAnz, AT 14.03.2017, B2).
Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte sind verordnungsfähige Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Verordnung allein die in den Abschnitten E und F genannten einzelnen Maßnahmen der Physiotherapie und der physikalischen Therapie sowie einzelne Maßnahmen der Sprech- und Sprachtherapie. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und 3 Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte dienen Heilmittel in der vertragszahnärztlichen Versorgung der Behandlung der krankheitsbedingten strukturellen/funktionellen Schädigungen des Mund- und Kieferbereichs; dabei muss die Ursache der strukturellen/funktionellen Schädigungen im Mund-, Kiefer- oder Gesichtsbereich ...