Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütungsanspruch eines Apothekers. Retaxierung. Zulässigkeit von Rahmenverträgen für die Abgabe von Zytostatika auch bei Einzelverträgen seitens der Apotheken. Verfassungsmäßigkeit. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 3 KR 6/17 R
Leitsatz (amtlich)
1. § 129 Abs 5 S 1 SGB V gestattet eine vertragliche Regelung über die Abrechnung von in Apotheken hergestellten Zytostatika auf Landesebene. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber Regelungen über die Abrechnung von in Apotheken hergestellten Zytostatika ausschließlich der einzelvertraglichen Ebene nach § 129 Abs 5 S 3 SGB V überantworten wollte.
2. Die vertragliche Vereinbarung eines einer Krankenkasse zu gewährenden Rabatts auf von in Apotheken hergestellten Zytostatika verletzt einen Apotheker nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art 12 des Grundgesetzes.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 3. September 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um im Zeitraum 1. Oktober 2007 bis 31. Dezember 2009 vorgenommene Retaxierungen in Zusammenhang mit der Zubereitung und Abgabe von Zytostatika durch den Kläger als Apotheker. Streitig ist insbesondere die Gültigkeit einer den Abrechnungskürzungen zu Grunde liegenden Vereinbarung gemäß § 129 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
§ 129 Abs. 5 SGB V wurde mehrfach geändert. Bis zum 31. März 2007 lautete die Vorschrift:
“1Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. 2Absatz 3 gilt entsprechend.„
§ 129 Abs. 5 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378, nachfolgend “a.F.„, mit diesem Wortlaut in Kraft vom 1. April 2005 bis zum 22. Juli 2009; Abs. 5 Satz 1 unverändert bis heute) lautete:
“1Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. 2Absatz 3 gilt entsprechend. 3Die Versorgung mit in Apotheken hergestellten Zytostatika zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten kann von der Krankenkasse durch Verträge mit Apotheken sichergestellt werden; dabei können Abschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und die Preise und Preisspannen der Apotheken vereinbart werden. 4In dem Vertrag nach Satz 1 kann abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 vereinbart werden, dass die Apotheke die Ersetzung wirkstoffgleicher Arzneimittel so vorzunehmen hat, dass der Krankenkasse Kosten nur in Höhe eines zu vereinbarenden durchschnittlichen Betrags je Arzneimittel entstehen.„
Seit dem 23. Juli 2009 lautet § 129 Abs. 5 SGB V (i.d.F. des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009, BGBl. I S. 1990):
“1Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. 2Absatz 3 gilt entsprechend. 3Die Versorgung mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten kann von der Krankenkasse durch Verträge mit Apotheken sichergestellt werden; dabei können Abschläge auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und die Preise und Preisspannen der Apotheken vereinbart werden. 4In dem Vertrag nach Satz 1 kann abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 vereinbart werden, dass die Apotheke die Ersetzung wirkstoffgleicher Arzneimittel so vorzunehmen hat, dass der Krankenkasse Kosten nur in Höhe eines zu vereinbarenden durchschnittlichen Betrags je Arzneimittel entstehen.„
Der Kläger ist Inhaber einer Zytostatika herstellenden Apotheke in N und als solcher Mitglied bei dem Beklagten zu 1. (Apothekerverband Brandenburg e.V.). Er beliefert u.a. Versicherte der Beklagten zu 2. mit Arzneimitteln.
Die Satzung des Beklagten zu 1. mit Stand des Beschlusses der Mitgliederversammlung vom 16. November 1996 lautet auszugsweise:
§ 2 Zweck
Der Verein verfolgt den Zweck, die wirtschaftlichen, beruflichen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen und sonstigen gemeinsamen Interessen der Apothekenleiter im Land Brandenburg wahrzunehmen und nach außen zu vertreten.
Hierzu stellt er sich gegenüber den Mitgliedern insbesondere folgende Aufgaben:
a) Abschluss von Arzneilieferungsverträgen und sonstigen Verträgen mit Krankenkassen und sonstigen Kostenträgern sowie die Interessenvertretung diesen gegenüber. Die Verträge haben unmittelbare Rechtswirkung für die Mitglieder, auch soweit der Deutsch...