Entscheidungsstichwort (Thema)

BK 3102. Lyme-Borreliose. Neuroborreliose. Post-Lyme-Syndrom. aktueller medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisstand. Gesetzliche Unfallversicherung: Voraussetzung der Anerkennung einer Borrelieninfektion als Berufskrankheit. Anforderung an den Nachweis einer Borrelieninfektion

 

Orientierungssatz

1. Sind für eine Gesundheitsbeeinträchtigung sowohl die Voraussetzung einer Berufskrankheit als auch die eines Arbeitsunfalls gegeben, so ist für die weitere sozialrechtliche Beurteilung von einer Berufskrankheit auszugehen.

2. Eine kausal auf einer Borrelieninfektion beruhende neurologischen Störung (hier: Lyme-Borreliose) kann im Rahmen der Anerkennung einer Berufskrankheit nur durch einen borrelienspezifischen Liquor bzw. entsprechenden Serum Index nachgewiesen werden.

3. Einzelfall zur Feststellung einer Lyme-Borreliose-Erkrankung im Rahmen der Beurteilung von Gesundheitsschäden als Berufskrankheit.

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2006 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 07. August 2007 wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Von Tieren auf den Menschen übertragbare Krankheiten -.

Der 1944 in U geborene Kläger war von Dezember 2000 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 05. November 2001 im Rahmen einer ABM-Maßnahme als Forstarbeiter beim Forstamt F beschäftigt. Nachdem er nach seinen Angaben bereits mehrfach Zeckenbisse im Rahmen dieser Tätigkeit erlitten hatte, wurde er am 25. Juli 2001 erneut gebissen - wo er gebissen wurde, ergibt sich aus den Akten nicht - und meldete diesen Biss erstmals beim Arbeitgeber (Unfallmeldung durch den Arbeitgeber vom 24. August 2001). Im Sommer 2001 hatten bei den B Forsten insgesamt 163 Mitarbeiter Zeckenbisse erlitten (Auskunft des Forstamts F vom 14. Mai 2002).

Wegen gesundheitlicher Beschwerden nach dem Biss wie Unwohlsein, Blähungen, Schmerzen im Ober- und Unterbauch, Schmerzen in den großen Gelenken, Kopfschmerzen, grippeähnlichen Beschwerden im Halsbereich und depressiver Verstimmung begab er sich am 08. August 2001 in Behandlung zu seinem Hausarzt P S. Eine Hautrötung im Bissbereich (Erythema migrans) lag nicht vor. In einer durch diesen eingeleiteten Borrelien-Serologie fanden sich im Suchtest (ELISA) keine IgG-Antikörper, jedoch erhöhte IgM-Antikörper, bestätigt im Immunoblot (Westernblot) (Laborbefund des Instituts für M D - IMD - vom 14./16. August 2001). Der Kläger unterzog sich daraufhin einer 21-tägigen oralen Antibiotika-Therapie mit Doxycyclin, woraufhin die Beschwerden sich zunächst besserten. Bei Laborkontrollen im November 2001 und im Januar 2002 fand sich ein signifikanter Titer-Rückgang im IgM-ELISA und eine Reduktion des IgM-Bandenspektrums bzw. der Bandenstärke im Westernblot (Laborbefunde des IMD vom 22./26. November 2001 und 15./17. Januar 2002).

Vom 08. Januar bis zum 18. Januar 2002 befand sich der Kläger wegen fortbestehender abdomineller Beschwerden, Zustand nach erfolgreich therapierter Borrelieninfektion, Gelenkbeschwerden, Psoriasis, Bluthochdruck, Spondylolisthesis, Leberverfettung und Gallensteinen in teilstationärer Behandlung in der rheumatologischen Tagesklinik der C (Arztbrief vom 08. Januar 2002). In der Immundiagnostik fanden sich im ELISA keine IgG-Antikörper, jedoch sowohl im ELISA als auch im Blot waren IgM-Antikörper nachweisbar. Als Diagnose wurde unter anderem ein Zustand nach erfolgreich therapierter Borrelieninfektion genannt.

Vom 23. Januar bis zum 13. Mai 2002 wurde der Kläger im Universitätsklinikum B F u. a. wegen unspezifischer abdomineller Schmerzen, Gelenkschmerzen mit Exazerbation der bekannten Psoriasis poliklinisch mehrfach untersucht und behandelt (vgl. etwa Kurzepikrise vom 25. März 2002). Die Borrelienserologie war negativ (Befund vom 19./20. März 2002). Daneben wurden jedoch eine abgelaufene Hepatitis-A-Infektion (Virologiebefund vom 24. / 25. Januar 2002) sowie eine durchgemachte Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (Virologiebefund vom 03. / 06. Mai 2002) nachgewiesen.

Am 08./11. April 2002 führte das IMD eine weitere Borrelienserologie durch, bei der wiederum keine Antikörper vom Typ IgG gefunden wurden. IgM wurde sowohl im ELISA als auch im Westernblot positiv getestet. Eine wesentliche Änderung gegenüber den Vorbefunden des IMD vom 22./26. November 2001 und 15./17. Januar 2002 fand sich aber nicht.

Vom 26. Juni 2002 bis zum 17. Juli 2002 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im St. M-Krankenhaus, wo eine seropositive Neuroborreliose diagnostiziert wurde. Es wurde von einer längeren Beschwerdesymptomatik mit Gelenkschmerzen, Sensibilitätsstörungen sowie Konzentrationsschwächen berichtet. Es wurde eine dreiwöchige intravenöse Antibiotikatherapie mit Claforan® mit der Fo...

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