Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialverwaltungsrecht: Wirksamkeit eines Änderungsbescheides. Zulässigkeit der Festlegung der Aufhebungswirkung auf den Zeitpunkt der Ausfertigung des Bescheides
Orientierungssatz
Wird die Aufhebungswirkung in einem sozialrechtlichen Änderungsbescheid (hier: Absenkungsbescheid bezüglich der Feststellung des Grades der Behinderung) bereits mit dem Tag der Ausfertigung des Bescheides und nicht erst mit dem Tag der Zustellung verfügt, so ist der Änderungsbescheid rechtswidrig, da die Wirkung nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit angeordnet wird. Dabei wirkt sich die Rechtswidrigkeit auf den Änderungsbescheid als Ganzes aus, nicht nur auf den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. März 2012 geändert und der Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 aufgehoben, soweit darin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2001 der Gesamt-GdB auf einen Wert unter 50 abgesenkt wird.
Der Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten für das gesamte Verfahren in beiden Instanzen zur Gänze zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1963 geborene Klägerin wehrt sich gegen die Herabsetzung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) auf einen Wert unter 50. Mit Bescheid vom 7. Mai 2001 hatte der Beklagte bei der Klägerin einen GdB von 60 festgestellt und dem folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde gelegt bei Annahme des aus dem Klammerzusatz ersichtlichen jeweiligen Einzel-GdB:
1. Operierte Brusterkrankung links im Stadium der Heilungsbewährung (50),
2. Funktionseinschränkung beider Füße (20) sowie
3. Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, Schultergelenk rechts (20).
Mit Bescheid vom 15. Januar 2007 stellte der Beklagte unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 7. Mai 2001 fest, dass der GdB ab dem 15. Januar 2007 40 betrage und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit vorliege. Hierbei ging er von folgenden Funktionsbeeinträchtigungen aus:
1. Teilverlust der Brust links nach Ablauf der Heilungsbewährung (20),
2. Funktionseinschränkung beider Füße (20),
3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts (20),
4. Klimakterisches Syndrom (10),
5. Schlafstörungen (10) sowie
6. Magenbeschwerden (10).
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2007 zurück. Zur Begründung stützte er sich im Wesentlichen auf eine Stabilisierung der Situation nach der Brustkrebserkrankung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 15. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 begehrt, soweit die Absenkung auf einen GdB unter 50 erfolge, und dies damit begründet, dass sie zusätzlich an einem Restless-Legs-Syndrom leide, ferner an Allergien sowie einem gutartigen Stroma-Tumor. Das Sozialgericht hat Befundberichte und ein Gutachten der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. F eingeholt. Diese ist in ihrem Gutachten vom 27. Juni 2008 zu der Einschätzung gelangt, der Gesamt-GdB von 40 sei angemessen und ist im Wesentlichen den Einschätzungen des Beklagten gefolgt. Mit Urteil vom 12. März 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Ergebnis der Begutachtung der Klägerin im Klageverfahren gestützt.
Mit der hiergegen am 14. Mai 2012 erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom12. März 2012 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 aufzuheben, soweit darin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2001 der Gesamt-GdB auf einen Wert unter 50 abgesenkt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie physikalische Therapie Prof. Dr. G. Der Sachverständige ist nach Untersuchung der Klägerin am 27. März 2013 in Bezug auf den 10. Oktober 2007 zu der Einschätzung gelangt, bei der Klägerin sei
1. ein Teilverlust der Brust links (GdB 20),
2. Funktionseinschränkung beider Füße nach Operation und bei sensibler Polyneuropathie (GdB 20),
3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung des Schultergelenkes rechts (GdB 20),
4. Rezidivierende depressive Episode mit Somatisierungsreaktion (klimakterisches Syndrom, Schlafstörungen) (GdB 20)
festzustellen. Der hieraus resultierende Gesamt-GdB betrage 40.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat sodann nach § 109 SGG ein Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. Seingeholt. Diese ist nach Untersuchung der Klägerin am 2. September 2014 zu der ...