Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht. Einzelfallhelfer im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. Scheinvertrag
Leitsatz (amtlich)
Zur Versicherungspflicht einer Einzelfallhelferin, die im Rahmen der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe tätig wird.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2012 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagte zu ¾. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) - zuletzt nur noch in der gesetzlichen Rentenversicherung - aufgrund ihrer Tätigkeit als Einzelfallhelferin für das klagende Land in der Zeit vom 23. März 2009 bis zum 31. Oktober 2010.
Die 1986 geborene Beigeladene zu 1) ist staatlich anerkannte Ergotherapeutin und studierte im streitgegenständlichen Zeitraum an der Evangelischen Fachhochschule Berlin. Sie hatte für die Zeit vom 23. März 2009 bis 22. März 2010 die Betreuung der 2005 geborenen schwerstbehinderten Hilfeempfängerin C B (CB) in Form einer Einzelfallhilfe übernommen. Dieser Einsatz war nach Angaben der Klägerin “noch nicht im Rahmen eines Honorarvertrages geregelt.„ Stattdessen unterschrieb die Beigeladene zu 1) am 19. März 2009 ein vom Bezirksamt von Berlin (Jugendamt) vorformuliertes “Merkblatt für Einzelfallhelfer„ mit folgendem Wortlaut:
“Sie haben sich bereit erklärt, aIs Einzelfallhelfer/in tätig zu werden. Für eine vertrauensvolle und reibungslose Zusammenarbeit zwischen Ihnen, dem Klienten und dem Jugendamt bitten wir Sie um Beachtung folgender Punkte:
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1. |
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Zwischen dem Bezirksamt und ihnen wird kein Arbeitsvertrag, kein freier Dienstvertrag oder Werkvertrag geschlossen. Die Einzelfallhilfe wird ausschließlich dem Antragsteller bzw. dem Kind oder Jugendlichen durch die Übernahme der Kosten gewährt. Deshalb können Sie keine Vergütungs- oder Honoraransprüche gegenüber dem Jugendamt L geltend machen.Aus Vereinfachungsgründen sind die von Ihnen geleisteten Betreuungsstunden jedoch direkt mit dem Jugendamt abzurechnen. |
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2. |
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Die jeweilige Stundenzahl entnehmen Sie bitte dem Bescheid an die Antragsteller, der Ihnen vor Beginn Ihrer Tätigkeit als Kopie übergeben wird. Das Original erhält der Antragsteller. |
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3. |
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Für Sachmittel, Eintrittsgelder, Verköstigung des Kindes/Jugendlichen sind in der Regel die Eltern allein zuständig. |
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4. |
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Über die geleisteten Betreuungsstunden erbitte ich von Ihnen, nach schriftlicher Bestätigung durch die Eltern, eine monatliche Abrechnung. Die Anschrift und das entsprechende Geschäftszeichen der zuständigen Sachbearbeiterin entnehmen Sie bitte dem Bescheid an die Eltern. |
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5. |
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Bitte teilen Sie mir Änderungen Ihrer Anschrift /Telefonnummer bzw. Ihrer Kontonummer unverzüglich mit. |
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6. |
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In der Wahrnehmung Ihrer Aufgaben sind Sie eigenverantwortlich und selbständig zur Verwirklichung der vereinbarten Zielstellung tätig. |
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7. |
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Ich weise darauf hin, dass Sie zu Ihrem Schutz verpflichtet sind, besondere, Aktivitäten wie z.B. Ausflüge, Kinobesuche, sportliche Unternehmungen nur nach vorheriger Genehmigung durch die Eltern durchzuführen. |
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8. |
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Es besteht kein Versicherungsschutz über das Jugendamt . Der Versicherungsbedarf des Helfers (-in) ist im Einzelfall mit dem Antragsteller bzw. den Eltern zu klären, Ich empfehle den Abschluss einer ausreichenden Haftpflichtversicherung. |
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9. |
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Bitte beachten Sie weiterhin, dass der mit der Familie vereinbarte Stundensatz ein Bruttobetrag ist. Sie müssen sich daher selbst um die Versteuerung Ihrer Vergütung und eventuell erforderliche Abführungen von Sozialversicherungsabgaben bemühen. |
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10. |
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Erhalten Sie Kenntnisse über eine Kindeswohlgefährdung oder über Verdachtsmomente, sind Sie verpflichtet, das Jugendamt unverzüglich darüber zu informieren. Unberührt davon bleibt Ihre Verpflichtung, die einschlägigen Datenschutzbestimmungen einzuhalten.„ |
Als Zielstellung wurden der Beigeladenen zu 1) entsprechend dem für CB erstellten Gesamtplan gemäß § 58 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) vorgegeben:
- “Förderung im sensomotorischen Bereich zur taktilen Wahrnehmung, -≫ z.B. durch Fühlen verschiedener Materialen und Fingermalen
- Sinnesanregung - durch Musik // vorlesen und wieder erkennen von Stimmen„
- im Rahmen eines Stundenkontingentes von 160 Kontaktstunden zzgl. 4 Stunden für 1 Zwischenbericht (Ende September 2009) und 1 Abschlussbericht (Mitte März 2010)„
Gesamtkontingent 160 Stunden
Zeitgleich bewilligte das Bezirksamt der Mutter von C B “die Kosten für den Einsatz des Sozialassistenten für Ihre Tochter C im Umfang eines Stundenkontingents von 156 Kontaktstunden vom 23.03.2009 bis 22.03.2010„. Durchschnittlich ergebe dies 3 Kontaktstunden wöchentlich. Zuzüglich wurden “4 Stunden für nicht personenbezogene Tätigkeit gewährt (1 Zwischenbericht und 1 Abschlußbericht zur Zieler...