Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingliederungshilfe durch Besuch einer Tagesstätte für behinderte Menschen, kein Kostenbeitrag für dortiges Mittagessen bei Renteneinkommen unterhalb des doppelten Eckregelsatzes
Orientierungssatz
Die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts (will man das streitgegenständliche Mittagessen als Leistung zum Lebensunterhalt ansehen) aus dem Einkommen ist nicht zumutbar, wenn das Einkommen des behinderten Menschen - wie vorliegend - insgesamt einen Betrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes nicht übersteigt.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger werden das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. März 2009 und die Bescheide des Beklagten vom 25. Februar 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Juli 2008 sowie die Bescheide vom 08. April 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juli 2008, geändert durch angenommenes Teilanerkenntnis des Beklagten vom 13. März 2009, weitergehend geändert und der Beklagte verurteilt, ihnen Eingliederungshilfe für den Besuch der Tagesstätte für Behinderte ohne Berücksichtigung eines in der Tagesstätte eingenommenen Mittagessens zu gewähren.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist (nur noch) ein Kostenbeitrag der Kläger für eingenommene Mittagessen in einer teilstationären Einrichtung, für deren Besuch der Beklagte die Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe erbringt.
Die 1960 geborene Klägerin und der 1959 geborene Kläger sind miteinander verheiratet und bewohnen gemeinsam eine Mietwohnung in N. Sie besuchen seit Juni 2002 die Tagesstätte im G d L gGmbH, einer Beschäftigungsstätte für chronisch psychisch Kranke und seelisch Behinderte. Sie wurden nach amtsärztlicher Einschätzung nicht für fähig erachtet, eine Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte aufzunehmen. Die Kläger beziehen seit Jahren Renten wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. voller Erwerbsminderung auf Dauer; die Nettorente betrug für die Klägerin ab 01. Juli 2007 630,59 Euro, ab 01. April 2008 626,07 Euro und ab 01. Juli 2008 630,08 Euro und für den Ehemann 590,62 Euro, 586,39 Euro bzw. 591,99 Euro monatlich.
Der Beklagte gewährte den Klägern antragsgemäß Eingliederungshilfe für den Besuch der Tagesstätte (Erstbescheide vom 04. Juni 2002), ab Januar 2005 nach den §§ 53, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 56 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - SGB XII - in Form der Übernahme des vertraglich vereinbarten Tagessatzes an die Lebensräume gGmbH. Seit Beginn der Leistungsgewährung beanspruchte der Beklagte die Beteiligung der Kläger an den Kosten für das jeweils eingenommene Mittagessen von anfangs 2,35 Euro und ab 01. August 2002 von 2,30 Euro unter dem Gesichtspunkt der Ersparnis häuslicher Aufwendungen. Diesen Kostenbeitrag erbrachten die Kläger durch entsprechende Zahlungen direkt in der Tagesstätte. Außerdem verlangte der Beklagte ab 01. Januar 2005 einen Kostenbeitrag zu den durch den Besuch der Tagesstätte entstehenden Kosten aus dem gemäß § 87 Abs. 1 SGB XII errechneten übersteigenden Einkommen in wechselnder Höhe, die sich aus der sich verändernden Höhe der Rentenzahlung und der Freibeträge ergab. Diese Beträge teilte sie den Klägern durch entsprechende Bescheide mit, die unangegriffen blieben (zuletzt Bescheide vom 28. Juni 2007).
Am 13. November 2007 teilte die Betreuerin der Kläger dem Beklagten mit, dass die Kläger von der L gGmbH monatlich eine mit Aufwandsentschädigung bezeichnete Zahlung erhielten, deren Höhe sich nach Anwesenheitstagen bestimme und sich zumeist auf 50,00 Euro belaufe. Nach der vorgelegten Bescheinigung vom 06. Februar 2008 erhielten die Kläger im November 2007 je 40,00 Euro und im Dezember je 50,00 Euro.
Diese Beträge stellte der Beklagte für die betreffenden Monate als Einkommen in die Leistungsberechnung ein und erließ dazu je einen Änderungsbescheid vom 25. Februar 2008, mit denen ein erhöhter Einkommenseinsatz gem. § 87 SGB XII von 45,78 Euro für November und 55,78 Euro für Dezember und die Folgemonate und außerdem weiter ein Kostenbeitrag wie bisher von 2,30 Euro pro Mittagessen nach § 92 a SGB XII wegen häuslicher Ersparnis verlangt wurde.
Die Betreuerin der Kläger wandte sich gegen diese Bescheide mit jeweils einem Widerspruch und machte geltend, dass die Aufwandsentschädigungen nicht als Einkommen angerechnet werden dürften.
Mit zwei weiteren Änderungsbescheiden vom 08. April 2008 änderte der Beklagte im Hinblick auf die ab 01. April 2008 verminderte Rentenhöhe die Leistungsbewilligung und forderte nunmehr eine Kostenbeteiligung jeweils von 51,41 Euro monatlich bzw. 2,30 Euro. Diese Bescheide griff die Betreuerin wiederum unter Hinweis auf die Widersprüche gegen die Bescheide vom 25. Februar 2008 an und rügte erneut die Berücksichtigung der Aufwandsentschädigungen als Einkommen. Gegen die Bescheide vom 08. April 2008 wandten sich außerdem die Prozessbevollmächtigten mit gesonderten Widersprüchen und rügten die Festlegung eine...