Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgung. betriebliche Voraussetzung (volkseigener Produktionsbetrieb). industrielle Produktion. Verfassungsmäßigkeit des Neueinbeziehungsverbotes. VEB Robotron Vertrieb Berlin (RVB). Gesetzliche Rentenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 AAÜG sind, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich, die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ( § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 AAÜG). Dies setzt voraus, dass der persönliche Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG erfüllt ist.

2. § 1 Abs. 1 AAÜG ist im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten.

3. Die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz erfordert die Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung. Von der Versorgungsordnung erfasst waren danach nur volkseigene Produktionsbetriebe. Die Versorgungsordnung begrenzte den Anwendungsbereich auf volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens. Hauptzweck eines Betriebes musste die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern bzw. die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen sein.

4. Hauptzweck des VEB Robotron Vertrieb Berlin (RVB) war nicht die industrielle Produktion von Sachgütern, sondern die Montage bzw. Installation von Großrechenanlagen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Januar 1974 bis zum 30. Juli 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste feststellen muss.

Der 1944 geborene Kläger schloss am 25. Juli 1969 in der DDR das Ingenieurstudium in der Fachrichtung Technologie des Maschinenbaus ab und erwarb die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Vom 01. September 1969 an war er bis zum 31. Dezember 1973 beim VEB Kombinat R Zentralvertrieb Betriebsteil Berlin als Wartungsingenieur beschäftigt. Vom 01. Januar 1974 an übte er die gleiche Tätigkeit bzw. ab 01. Januar 1981 eine solche als Kundendienst-Techniker und ab 01. Januar 1987 als Kundendienst-Ingenieur beim VEB R BRVB aus. Laut Sozialversicherungsausweis endete die Tätigkeit dort am 30. Mai 1990. Für den Monat Juni 1990 ist eine selbständige Tätigkeit als Verkaufs- und Serviceingenieur eingetragen. Der Kläger war am 01. Januar 1978 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Zusage zusätzlicher Altersversorgung wegen der Zugehörigkeit zur technischen Intelligenz wurde dem Kläger nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage gehabt zu haben. Am 06. Februar 2001 beantragte der Kläger die Feststellung der Zeit vom 01. September 1969 bis zum 30. Mai 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz.

Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2001 ab. Zwar entspreche die im RVB ausgeübte Beschäftigung der technischen Qualifikation; sie sei jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt worden. Vielmehr hätten die Aufgaben des Betriebs eindeutig Handelscharakter gehabt. Der Kläger sei auch nicht durch Einzelvertrag in die Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden, denn eine Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Auf eine spätere Einbeziehung in das Versorgungssystem habe er nicht vertrauen dürfen, da diese lediglich von einer Ermessensentscheidung abhängig gewesen wäre. Eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 nicht getroffene (möglicherweise auch negativ getroffene) Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt bzw. ersetzt werden.

Hiergegen hat der Kläger am 31. Mai 2001 Klage erhoben.

Nachdem die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 23. Mai 2003 die Zeit vom 01. September 1969 bis 31. Dezember 1973 als Zeit der Zu...

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