Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB 7. ambulante Rehabilitation. Abgrenzung: Nachsorgemaßnahme: intensivierte Rehabilitationsnachsorge IRENA gem § 17 Abs 1 SGB 6. Gesetzesauslegung und Gesetzessystematik. keine analoge Anwendung des § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB 7. keine unbewusste planwidrige Regelungslücke. Normzweck des § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB 7
Orientierungssatz
1. Die nach § 2 Abs 1 Nr 15a SGB 7 versicherte Tätigkeit umfasst das Entgegennehmen der Behandlung/Rehabilitation sowie die Handlungen, die Versicherte vornehmen, um die Behandlung entweder zu erhalten oder an ihrer Durchführung mitzuwirken, soweit sie sich dabei im Rahmen der ärztlichen Anordnung halten, dh sowohl das passive Hinnehmen von Leistungen als auch eine eigene aktive Betätigung in diesem Rahmen.
2. Nicht erfasst vom Gesetzeswortlaut sind auf Kosten eines Leistungsträgers durchgeführte Maßnahmen der Nachsorge, zu denen auch die intensivierte Rehabilitationsnachsorge IRENA durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 17 SGB 6 zählt, da es sich hierbei nicht um eine Maßnahme der ambulante Rehabilitation handelt.
3. Mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke ist für eine analoge Anwendung des § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB 7 auch auf Maßnahmen der Nachsorge gem § 17 SGB 6 kein Raum.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls streitig.
Die 1962 geborene Klägerin, die zuletzt als Bürokauffrau in Teilzeit sechs Stunden täglich tätig war, absolvierte im Zeitraum vom 24. April 2018 bis zum 19. Mai 2018 auf ihren Antrag hin eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in der orthopädischen Abteilung der Rehabilitationsklinik H.. Am 15. Mai 2018 bekam sie im Rahmen einer Faszientherapie ein behandlungsbedürftiges Hämatom im unteren Rückenbereich, weshalb sie ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts der Rehaklinik dort kurzfristig arbeitsunfähig entlassen wurde und sich in ambulante hausärztliche Behandlung begab.
Unter dem 16. Mai 2018 leitete die Reha-Klinik Leistungen zur intensivierten Rehabilitationsnachsorge (IRENA) ein. In dem Antrag auf Einleitung der IRENA empfahl die Rehaklinik als Übungsschwerpunkte - unter anderen möglichen - „Sport- und Bewegungstherapie“ sowie „MTT“ und „Bewegungsbad“ - dagegen nicht die auch möglichen Bereiche „Physiotherapie“ bzw. „Ergotherapie“. Es sollten 24 Termine über die Dauer von sechs Monaten absolviert werden. In diesem Zusammenhang unterzeichnete die Klägerin am selben Tag eine mit „IRENA intensivierte Rehabilitationsnachsorge" überschriebene Erklärung, in der es auszugsweise heißt: „Die Rehabilitationseinrichtung empfiehlt eine intensivierte Rehabilitationsnachsorge (IRENA) in einer dafür anerkannten Nachsorgeeinrichtung. Eine Ausfertigung der erfolgten Einleitung der IRENA sowie das Informationsblatt der Deutschen Rentenversicherung habe ich erhalten und zur Kenntnis genommen. Ich beabsichtige, die IRENA-Leistungen in Anspruch zu nehmen." In dem hiernach an die Klägerin ausgehändigten Informationsblatt heißt es unter „Ziel der IRENA": „Das Ziel der empfohlenen IRENA besteht in der Stabilisierung der während der medizinischen Rehabilitationsleistung erreichten Rehabilitationsziele." Unter „Zielgruppe des Nachsorgeprogramms IRENA" heißt es weiter: „Das IRENA - Programm kann von Ihnen in Anspruch genommen werden, wenn Sie zuvor eine stationäre oder ganztägig ambulante Leistung zur medizinischen Rehabilitation von der Deutschen Rentenversicherung in Anspruch genommen haben."
Am 11. Juli 2018 trat die Klägerin im O. Reha-Zentrum die IRENA an. Am Abend des 16. Oktober 2018 wurde die Klägerin nach der Beendigung des von 17:30 Uhr bis 19:00 Uhr betriebenen IRENA-Sports beim Verlassen des Geländes des O. Reha-Zentrum kurz nach 19:00 Uhr beim Betreten des Gehweges von einer von rechts kommenden Radfahrerin angefahren und stürzte. Sie erlitt Prellungen der Lendenwirbelsäule, des rechten Knies und des rechten Unterschenkels (Durchgangsarztbericht vom 24. Oktober 2018, Dr. D). In dem am selben Tag durch die Klägerin ausgefüllten Fragebogen zum Kostenträger und der Art der Maßnahme gab die Klägerin als Kostenträger die DRV an und kreuzte bei Art der Maßnahme das Feld „sonstige Maßnahme" an, welches sie mit „IRENA Nachsorge" konkretisierte.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 bat die Beklagte den behandelnden Durchgangsarzt, ab sofort keine Behandlung mehr zu ihren Lasten durchzuführen, da kein Arbeitsunfall vorliege. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe zum Unfallzeitpunkt nicht zum Kreis der versicherten Personen gehört.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Dezember 2018 beantragte die Klägerin festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 16. Oktober 2018 um einen Unfall im Sinne des Sozialgesetzbuchs...