Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung bei einer Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin

 

Orientierungssatz

1. Nach § 7 Abs. 5 SGB 2 haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB 3 förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen des SGB 2. Das BAföG gilt nicht für betriebliche und außerbetriebliche Berufsausbildungen.

2. Nach § 60 Abs. 1 SGB 3 ist eine berufliche Ausbildung förderfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Die Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin ist eine Ausbildung i. S. von § 66 BBiG, die speziell für behinderte Menschen konzipiert ist und nicht in der Liste der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe verzeichnet ist.

3. Sie ist danach als besondere Leistung i. S. von § 102 SGB 3 zu qualifizieren, die nicht im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB 3 dem Grunde nach förderungsfähig ist. Sie wird infolgedessen vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB 2 nicht erfasst.

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist (noch), ob die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum 1. Mai 2007 bis 31. Januar 2008 hat.

Die alleinstehende, erwerbsfähige Klägerin ist 1983 geboren; bei ihr wurde ein Grad der Behinderung von 30 wegen einer psychischen Erkrankung festgestellt. Am 3. Juni 2005 schloss sie mit dem A-L-Berufsbildungswerk einen Ausbildungsvertrag über ihre Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin im Zeitraum vom 1. September 2005 bis 31. August 2008 ohne Anspruch auf Vergütung. Der Vertrag wurde am 7. September 2005 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen B eingetragen. Am 10. Juli 2008 beendete die Klägerin ihre Ausbildung erfolgreich.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bewilligte der Klägerin ab 1. September 2005 für ihre Ausbildung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß den §§ 97 ff Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der Form von Ausbildungsgeld, Lehrgangskosten und Reisekosten. Für den Zeitraum 1. März 2007 bis 31. August 2008 lehnte die BA die Zahlung von Ausbildungsgeld ab. Dem Grunde nach bestehe zwar ein Anspruch, dieser komme jedoch nicht zur Auszahlung, da die Klägerin über ausreichendes Einkommen verfüge.

Bei dem Beklagten stand die Klägerin ab Januar 2005 im Leistungsbezug. Mit Bescheiden vom 23. Januar 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 31. Juli 2007 iHv monatlich 121,00 € und für den Zeitraum vom 1. August 2007 bis 31. Januar 2008 iHv monatlich 121,00 €. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies der Beklagte mit - inzwischen bestandskräftigem - Widerspruchsbescheid vom 15. März 2007 als unbegründet zurück, da die Klägerin vom Leistungsbezug gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen sei und nur Anspruch auf Leistungen wegen Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II habe.

Mit Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2007 iHv 123,00 €. Mit Änderungsbescheid vom 28. Juni 2007 gewährte der Beklagte für den Zeitraum 1. August 2007 bis 31. Januar 2008 Leistungen iHv monatlich 123,00 €, mit weiterem Änderungsbescheid vom 28. Juni 2007 für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis 30. Juni 2007 iHv monatlich 121,00 € und im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis 31. Juli 2007 iHv 123,00 €. In den Bescheiden heißt es, die Klägerin sei aufgrund des Bezuges von Ausbildungsgeld vom Leistungsbezug ausgeschlossen, sie habe nur Anspruch auf den Mehrbedarf Behinderung.

Gegen die (Änderungs-) Bescheide vom 2. Juni 2007 und 28. Juni 2007 legte die Klägerin jeweils Widerspruch ein; diese wurden mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2008 zurückgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II sei gemäß § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen, da ihre Ausbildung dem Grunde nach im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähig sei. Aufgrund dieses Ausschlusses habe die Klägerin lediglich Anspruch auf ausbildungsunabhängigen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II iHv 35 vH der nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung. Auf die Kosten der Unterkunft komme es insoweit nicht an. Hiergegen hat die Klägerin unter dem 15. Februar 2008 beim Sozialgericht (SG) Berlin zum Aktenzeichen - S 129 AS 5436/08 - Klage erhoben.

Ebenfalls am 15. Februar 2008 hatte die Klägerin...

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