Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziales Entschädigungsrecht. Opferentschädigung. DDR-Dopingopfer. sozialgerichtliches Verfahren. Feststellungsinteresse. Elementenfeststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG. keine Feststellung des Grads der Schädigungsfolgen und des Zeitraums. ernstliche Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs. Härteregelung. Bedürftigkeit. Einkünfte aus Beamtenversorgung

 

Orientierungssatz

1. Inhalt einer Feststellung nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG ist die konkrete Gesundheitsstörung, die Schädigung sowie schließlich die Kausalität zwischen beiden, nicht aber der aus der Gesundheitsstörung resultierende GdS und der Zeitraum, für den dieser anzusetzen ist.

2. Ein berechtigtes Interesse an der Elementenfeststellung ist zudem nicht gegeben, wenn die ernstliche Möglichkeit eines Leistungsanspruches, der die in § 55 Abs 1 Nr 3 SGG genannte Kausalität als eines von mehreren tatbestandlichen Voraussetzungen erfordert, nicht gegeben ist.

3. Zur Bedürftigkeit als Voraussetzung für einen Anspruch auf Opferentschädigung wegen Dopings in der ehemaligen DDR nach § 10a Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Abs 1 S 2 OEG (hier im Hinblick auf eine bestehende Beamtenversorgung).

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2013 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Eine Kostenerstattung findet für beide Instanzen nicht statt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Berufung beider Beteiligter richtet sich gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2013, mit dem das Gericht die Kausalität einer Körperverletzung durch Doping für einige Gesundheitsschäden und den auf sie entfallenden Grad der Schädigungsfolgen (GdS) festgestellt, die weitergehende Klage aber abgewiesen hat.

Der 1971 geborene Kläger ist Bundesbeamter der Besoldungsstufe A11 mit gegenwärtig nach eigenen Angaben 26 Dienstjahren. Im Schwerbehindertenverfahren wurde bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 festgestellt. Er beantragte am 12. Februar 2007 beim Beklagten Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) und gab hierzu an, von 1983 bis 1985 in der DDR beim SC als Schwimmer gedopt worden zu sein und dadurch gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten zu haben. Mit Bescheid vom 18. Juni 2007 wies der Beklagte den Antrag zurück und führte zur Begründung aus, es lasse sich nicht feststellen, dass dem Kläger tatsächlich Dopingsubstanzen verabreicht worden seien. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, eine Versorgung nach § 10a OEG setze voraus, dass der Antragsteller allein infolge der festgestellten Schädigung schwerbeschädigt sei. Zwar sei beim Kläger ein GdB von 50 festgestellt worden, doch beruhe dies u.a. auf einer Depression mit einem GdB von 40. Dabei handle es sich um einen Nachschaden aufgrund diverser körperlicher Einschränkungen, der schädigungsunabhängig sei.

Mit der am 22. September 2008 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Der Beklagte hat vorgebracht, obwohl der Kläger weder konkret zu Dosierung noch zu Häufigkeit der Doping-Gabe Angaben gemacht habe, werde zu seinen Gunsten davon ausgegangen, dass er von 1983 bis 1985 tatsächlich Dopingmittel erhalten habe. Indes sei der gesundheitliche Zustand des Klägers darauf nicht zurückzuführen. Die bei ihm festgestellte Erkrankung an Hodenkrebs sei schicksalhaft. Daher könne auch die darauf beruhende Depression nicht berücksichtigt werden. Auf Hinweis des Gerichts haben die seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers einen Feststellungsantrag formuliert und auf Nachfrage des Gerichts vorgebracht, auch die orthopädischen Leiden des Klägers seien dopingbedingt, da das Doping zu einem verstärkten Muskelwachstum geführt habe, wodurch das Knochenskelett überbelastet worden sei. Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt. Der Beklagte hat sich auf Stellungnahmen seiner Versorgungsärzte berufen. Danach seien die Stoffwechsel- und Leberstörungen beim Kläger nicht auf das Doping zurückzuführen, da dies einen langanhaltenden chronischen Missbrauch voraussetze, der hier bei einem Zeitraum von 3 Jahren nicht vorgelegen haben könne. In orthopädischer Hinsicht sei bekannt, dass die Steroideinnahme zu einer Hypertrophie der Skelettmuskulatur führen könne, der Muskelzuwachs der paravertebralen Muskulatur entlaste aber die Wirbelsäule und könne daher keinesfalls für Bandscheibenvorfälle verantwortlich sein. Die übrigen orthopädischen Störungen seien typische Folgen von Fehlbelastungen oder erhöhten Belastungsanforderungen im Hochleistungssport. Hinsichtlich der Zeugungsunfähigkeit sei eine umfangreiche Betrachtung nötig. Der Hodenkrebs habe den linken Hoden des Klägers betroffen. Insofern sei 1993 eine operative Behandlung vorgenommen worden. Die Vergabe vo...

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