Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung einer wiederaufgelebten Witwenrente
Orientierungssatz
1. Der Vorschrift des § 90 SGB 6 liegt das Subsidiaritätsprinzip zugrunde. Die Witwenrente dient der Versorgung der Witwe. Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Anrechnung erlangter wirtschaftlicher Vorteile in dem in § 90 SGB 6 bezeichneten Umfang angeordnet.
2. Dabei werden nach § 90 Abs. 1 SGB 6 die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht berücksichtigt. Das "Behaltendürfen" ist unter diese Vorschrift zu subsumieren.
3. Nach dem Zweck des § 90 SGB 6 ist der Anspruch auf die wiederaufgelebte Witwenrente gegenüber den in der zweiten Ehe erworbenen Versorgungsansprüchen, Rentenansprüchen oder Unterhaltsansprüchen subsidiär. Er soll eine Versorgung der Witwe aus ihrer ersten Ehe nur insoweit wiedereinsetzen lassen, als ihre Versorgung aus der zweiten Ehe geringer ist.
4. Die Witwe soll nach Auflösung der zweiten Ehe finanziell zwar nicht schlechter, aber auch nicht besser als vor ihrer Wiederverheiratung gestellt sein (BSG Urteil vom 24. 4. 1980, 1 RJ 34/79).
Normenkette
SGB VI § 90 Abs. 1; BGB § 194 Abs. 1; SGB X § 39 Abs. 2, § 45 Abs. 2, § 48 Abs. 1, 4; RVO § 1291 Abs. 2 S. 1; Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost § 43 Abs. 1b, § 69 Abs. 2 Sätze 3, 5-6
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Neufeststellung der Witwenrente nach dem vorletzten (ersten) Ehemann ohne Berücksichtigung von (versehentlich) zu hoch gezahlten Leistungen aus der Versorgung der Post des zweiten Ehemannes, die sie in Höhe von 17.000 Euro nach Urteilen des Landgerichts (LG) Stuttgart bzw. des Oberlandesgerichtes (OLG) Stuttgart nicht zurückzahlen muss.
Die 1924 geborene Klägerin ist die Witwe von
1. K K, geboren 1919, verstorben 1979
2. H L, geboren am 1920 und verstorben 2003.
Vor der Eheschließung am 07. März 2003 mit dem zweiten Ehemann bezog die Klägerin eine Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemanns in Höhe von 701,08 Euro monatlich.
Die Witwenrente aus der Versicherung des zweiten Ehemannes war zunächst abgelehnt worden mit der Begründung, es liege eine Versorgungsehe vor. Mit Urteil des 16. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 20. März 2007, Az.: L 16 R 1110/05, war der Klägerin die Witwenrente aus der Versicherung des zweiten Ehemannes dann zugesprochen worden. Zwischenzeitlich war die Rente aus der Versicherung des ersten Ehemannes wieder aufgelebt.
Mit Mitteilung vom 27. Juli 2007 anerkannte die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) auf Grund des Urteils des LSG Berlin-Brandenburg, mit dem der Klägerin Witwenrente nach dem zweiten Ehemann zuerkannt worden war, einen Anspruch der Klägerin auf Witwenrente nach dem zweiten Ehemann rückwirkend ab 01. Juli 2003. Dieser wurde für die Zeit vom 01. Juli 2003 bis 30. September 2003 (Sterbevierteljahr) auf 682,74 Euro monatlich und ab dem 01. Oktober 2003 auf 409,64 Euro festgesetzt. Nach diversen Anpassungen betrug die Versorgungsrente ab 01. Juli 2007 426,27 Euro. Am 30. August 2007 erhielt die Klägerin aufgrund der vorgenommenen Berechnung einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 18.435,84 Euro.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2007 hat die Beklagte der Klägerin auf Grund des Urteils des LSG Berlin-Brandenburg große Witwenrente nach dem zweiten Ehemann ab dem 01. Juli 2003 bewilligt.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2007 hat die Beklagte die Witwenrente nach dem ersten Ehemann für die Zeit ab dem 01. Januar 2004 gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Es erfolgte eine Verrechnung der Nachforderung von 30.536,25 Euro mit der wieder zu gewährenden Abfindung i. H. v. 11.314,95 Euro und der Nachzahlung aus der jetzt festgestellten Witwenrente nach dem zweiten Ehemann i. H. v. 22.147,58 Euro. Es wurde mitgeteilt, dass der Restanspruch von 2.926,25 Euro an die Klägerin überwiesen werde.
Mit Mitteilung vom 29. Oktober 2008 hat die VAP die Witwenversorgung rückwirkend ab dem 01. Oktober 2003 bis zum 31. Oktober 2008 auf die Mindestrente von 10,64 Euro festgesetzt, weil diese irrtümlich zugesprochen worden war. Die VAP hatte die Vorschrift des § 43 Abs. 1b der Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAPS) übersehen, wonach kein Anspruch auf Versorgungsrente für Witwen besteht, wenn die Ehe nach dem Eintritt des Versicherungsfalles geschlossen worden ist und der Verstorbene zur Zeit der Eheschließung das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Es ergab sich eine Überzahlung in Höhe von 20.891,63 Euro, die mit Mitteilung vom 27. November 2008 zurückgefordert wurde. Hiergegen hatte die Klägerin Klage erhoben, der das LG Stuttgart mit Urteil vom 26. November 2009 (Az. 25 O 277/09) insoweit stattgegeben hatte, als es feststellte, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, ...