Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Selbstständiger Informatiker. Tätigkeit im wesentlichen für einen Auftraggeber. 5/6-Regelung der Erzielung von Einkünften
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Merkmal der Tätigkeit im Wesentlichen für nur einen Auftraggeber als Voraussetzung der Rentenversicherungspflicht Selbstständiger liegt nicht nur im Fall einer entsprechenden rechtlichen (vertraglichen) Bindung, sondern auch bei nur tatsächlicher Abhängigkeit vor.
2. Für das Merkmal der Tätigkeit im Wesentlichen für nur einen Auftraggeber als Voraussetzung der Rentenversicherungspflicht Selbstständiger kommt es, wenn der Selbstständige die Zusammenarbeit mit mehreren Auftraggebern anstrebt, zusätzlich darauf an, ob dies nach den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten Erfolg verspricht.
3. Für das Merkmal der Dauerhaftigkeit der Tätigkeit im Wesentlichen für nur einen Auftraggeber als Voraussetzung der Rentenversicherungspflicht Selbstständiger sind neben den zeitlichen auch wirtschaftliche Kriterien zu beachten und branchenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Hierfür ist im Zeitpunkt der Annahme des Auftrags eine vorausschauende Betrachtung vorzunehmen, die sich nicht allein auf den streitgegenständlichen Zeitabschnitt beschränken darf.
4. Der versicherte Selbstständige ist nicht beschwert, wenn der Rentenversicherungsträger rechtswidrig statt des vollen nur den halben Versicherungsbeitrag erhebt und dies keine Auswirkung auf die Höhe der Rentenanwartschaft hat.
Orientierungssatz
1. Eine selbstständige Tätigkeit ist vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale nach dem Gesamtbild überwiegen, (Vergleiche: BSG, Urteil vom 09. November 2011, B 12 R 1/10 R).
2. Die Voraussetzung, dass der Selbständige auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers dann erfüllt sein, wenn der Betreffende rechtlich (vertraglich) oder tatsächlich (wirtschaftlich) an einen Auftraggeber gebunden bzw. von diesem abhängig ist.
3. Eine im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber erbrachte Tätigkeit ist anzunehmen, wenn sie im Rahmen eines Dauerauftragsverhältnisses oder eines regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnisses erfolgt und der Betroffene mindestens 5/6tel seiner gesamten Einkünfte aus den zu beurteilenden Tätigkeiten alleine aus einer dieser Tätigkeiten erzielt.
Normenkette
SGB VI § 2 S. 1 Nr. 9 Fassung: 2002-12-23, § 1 S. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 165 Abs. 1 S. 2; SGB IV § 7 Abs. 7 S. 2, § 8 Abs. 1 Nr. 1 Fassung 2000-12-21, Nr. 1 Fassung 2002-12-23, Abs. 3 S. 1
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung von Bescheiden, mit denen die Beklagte die Rentenversicherungspflicht des Klägers nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI festgestellt und Versicherungsbeiträge für März 2003 bis 14. Januar 2004 geltend gemacht hat.
Der 1965 geborene Kläger ist selbständiger Informatiker. Von Mai 2000 bis Oktober 2001 war er bei der Immobilien S. GmbH als Datenbankverantwortlicher angestellt. Mit seiner ehemaligen Arbeitgeberin, der Immobilien S. GmbH, schloss der Kläger sodann auf der Basis eines Rahmenvertrages am 1. November 2001 einen „Einzeldienstvertrag„, wonach er als Selbständiger Dienstleistungen im Rahmen Pflege und Weiterentwicklung der Oracle Datenbank des Immobilien-Marktplatzes der Immobilien S. GmbH zu erbringen habe. Der Vertrag hatte eine Laufzeit vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2002. Kurz vor Ablauf dieses Vertrages schloss er am 1. November 2002 einen weiteren Einzeldienstvertrag mit der Immobilien S. GmbH, mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2003. Vertragsgegenstand war die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen Pflege und Weiterentwicklung der Oracle Datenbank sowie die Weiterentwicklung und Konzeption von Softwaremodulen. Die Tätigkeit erfolgte bis zum 14. Januar 2004. In der Zeit vom 14. Juni 2002 bis Februar 2003 war bei dem Kläger eine nicht nur geringfügig Beschäftigte angestellt. Im Jahr 2003 erzielte der Kläger laut Einkommensteuerbescheid Einkünfte in Höhe von 50.060 €.
Im Februar 2007 erfolgte eine Betriebsprüfung bei der Immobilien S. GmbH. Der Kläger füllte nunmehr einen “Fragebogen zur Feststellung von Versicherungspflicht kraft Gesetzes als selbständig Tätiger„ aus und legte die Umstände dar, die es erforderlich gemacht hätten, etwa 26 Monate als freiberuflicher Dienstleister für die Immobilen S. GmbH tätig gewesen zu sein.
Im Einzelnen führte der Kläger folgendes aus: “Nach erfolgreich bestandener Diplomprüfung wurde ich im September 1998 sofort als Freiberufler tätig. Ich war als freiber...