Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialabgabepflicht. Senatsverwaltung bzw Senatskanzlei für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin als Betreiber eines Galerieraumes. Ausstellen der Werke der Kunststipendiaten. Stipendiatenförderung. Unternehmen. wesentlicher Zweck. keine Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte. öffentliche Kunstförderung. keine Eigendarstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Senatsverwaltung, die Stipendien an bildende Künstler vergibt und so diesen ermöglicht ihre Werte im Rahmen einer Ausstellung zu präsentieren, ist nicht grundsätzlich nach § 24 KSVG abgabepflichtig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.06.2012; Aktenzeichen B 3 KS 2/11 R)

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2006 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht ein Bescheid der Beklagten, wonach der Kläger, der als Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, einen Galerieraum unter dem Namen “KB„ betrieb, insoweit dem Grunde nach abgabenpflichtig nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist.

Die Senatsverwaltung vergab jährlich Arbeitsstipendien im Bereich der zeitgenössischen bildenden Kunst an in Berlin lebende und arbeitende Bildende Künstler. Die 20 Stipendiatinnen und Stipendiaten hatten die Möglichkeit, sich im Rahmen des Stipendiums mit einer Ausstellung der interessierten Öffentlichkeit vorzustellen. Die Ausstellungen fanden im Erdgeschoss des Gebäudes der Senatsverwaltung statt, der KB. Es handelte sich nicht um Verkaufsausstellungen. Die Stipendiaten erhielten keine Honorare, lediglich eine (nicht pauschale) Materialaufwandsentschädigung. Eintrittsgelder wurden nicht erhoben.

Der Internetauftritt hierzu wurde von einem Mitarbeiter der Senatsverwaltung erstellt.

Die Beklagte erfuhr im Rahmen einer Internetrecherche im Juni 2005 von der KB. Sie schickte der Senatsverwaltung ihren einschlägigen Fragebogen zu, welchen diese ausgefüllt mit Schreiben vom 7. September 2005 zurücksandte.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 15. November 2005 fest, dass die Senatsverwaltung ein nach § 24 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen betreibe. Es sei § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 KSVG einschlägig, weil sie als Unternehmen eine Galerie oder einen Kunsthandel betreibe.

Der Kläger erhob Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, Träger der Ausstellungsreihe sei nicht er, sondern der N e.V., welcher am Vorabend jeder Ausstellungseröffnung im Rahmen seiner Künstlergespräche die Stipendiaten vorstelle. Das Land erteile keine Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten. Es sei kein verkaufsorientiertes Unternehmen. Es nehme keine künstlerischen oder publizistischen Leistungen für seine Zwecke in Anspruch und erziele diesbezüglich keine Einnahmen. Die Verwertung bzw. Vermarktung der Werke der Stipendiaten erfolge ausschließlich durch diese selbst. Die Ausstellungsreihe werde nicht vom Land Berlin, sondern ausschließlich vom Sparkassen Kulturfond des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes finanziert.

Die KB wurde nach einem Brand zum 1. Februar 2006 geschlossen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2006 zurück. Dem Internetauftritt sei sehr wohl zu entnehmen, dass es sich um eine Galerie handele. Die KB sei laut Internetauftritt Bestandteil der Berliner Galerieszene. Die Angaben im Internet widersprächen auch dem Einwand, der N-verein sei Träger der Ausstellungsreihe.

Die Beklagte setzte ferner, indem sie einem Widerspruch des Klägers gegen einen vorangegangenen Abgabenfestsetzungsbescheid abhalf, mit Bescheid vom 22. März 2006 die Abgaben für die Jahre 2001 bis 2004 sowie Vorauszahlungen bis einschließlich Februar 2006 unter Vorbehalt auf 0 € fest.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. März 2006 hat sich die am 13. April 2006 beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobene Klage gerichtet. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, er sei bereits kein Unternehmer im Sinne des Gesetzes. Das Land Berlin sei weder nach § 4 Abs. 1 Allgemeines Zuständigkeitsgesetz Berlin und dem dazugehörigen Zuständigkeitskatalog (ZustKatAZG) Betreiber einer Galerie noch Kunsthändler.

Als Träger der KB sei der N B K beauftragt worden. Das Land Berlin habe keine Kunstwerke veräußern wollen noch daran mitwirken. Es sei auch kein Unternehmen, dessen Zweck überwiegend darauf gerichtet sei, künstlerische Werke öffentlich darzubieten. Es habe keine vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und den Stipendiaten gegeben. Das Land habe weder Aufträge an selbstständige Künstler erteilt noch Leistungen selbstständiger Künstler in Anspruch genommen oder diese vermarktet.

Eine Fortsetzung des Programms “KB„ sei nicht beabsichtigt. Die Arbeiten von zehn Stipendiaten aus dem Förderzeitraum 2005/2006 erfolge auf der Grundlage eines neuen Konzeptes ab August 2006 in der Stiftung berlinische Galerie - Lande...

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