Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Arzneimittel. Off-Label-Use. keine Kostenübernahme für andere nicht zugelassene Behandlungsmethode auch bei Unannehmlichkeiten durch die zugelassene Behandlung
Orientierungssatz
Solange für eine Erkrankung (hier: "Lewis-Sumner-Syndrom" - MADSAM als Sonderform der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie) eine Behandlungsmethode mit einem zugelassenen Arzneimittel gegeben ist (hier: intravenöse Behandlung mit Immunglobulinen), kommt eine Kostenübernahmepflicht der gesetzlichen Krankenkassen für eine andere wirksame, aber für den konkreten Zweck nicht zugelassene Behandlung (hier: subkutane Immunglobulintherapie) im Rahmen des Off-Label-Use auch dann nicht in Betracht, wenn die zugelassene Behandlungsmethode mit Unannehmlichkeiten verbunden ist, jedenfalls soweit diesen durch Gegenmaßnahmen begegnet werden kann.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1962 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger leidet an einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) in Form einer MADSAM (multifocal acquired demyelinating sensory and motor neuropathy, Lewis-Sumner-Syndrom). Das Leiden äußert sich in Gefühls- und Kraftminderung im linken Arm. Die Lähmungserscheinungen haben sich mittlerweile auf das linke Bein, den Schulterbereich, das Gesicht und ausstrahlend auf die rechte Körperhälfte ausgedehnt.
Zur Behandlung seiner Erkrankung erhält der Kläger seit längerem regelmäßig alle vier Wochen im Rahmen eines kurzzeitigen stationären Aufenthaltes von zwei Tagen intravenös Immunglobuline (IVIG-Therapie).
Das Arzneimittel G ist unter anderem zur Behandlung von Immunmodulationen bei CIDP zugelassen.
Das Legen des erforderlichen Venenzugangs ist aufgrund vernarbter Venen mit Schwierigkeiten und für den Kläger mit Schmerzen verbunden.
Aufgrund der Dickflüssigkeit der Infusionen leidet dieser auch danach unter Schmerzen. Die intravenöse Applikationsform führt zwangsläufig zur häufigen Abwesenheiten am Arbeitsplatz.
Für den Kläger beantragte Dr. H, behandelnde Arzt der C, mit Schreiben vom 18. Juli 2011 die Kostenübernahme für eine subkutane Immunglobulintherapie, z. Bsp. mit V. Die subkutane Immunglobulin-therapie stelle gegenüber der intravenösen Immunglobulintherapie die kostengünstige Variante dar. Dabei werden die Immunglobuline subkutan über eine Pumpe appliziert.
Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) teilte im sozialmedizinischen Gutachten vom 17. August 2011 (Verfasserin: Dr. S) mit, dass weder das zugelassene Arzneimittel V noch andere subkutan applizierbare Immunglobuline für die Krankheit des Klägers CIDP zugelassen seien. Begehrt werde deshalb ein sogenannter “Off-Label-Use„.Die Erkrankung des Klägers sei weder akut lebensbedrohlich, noch handle es sich bei der CIDP um eine Erkrankung, bei der aufgrund der Seltenheit die Erforschung neuer Arzneimitteltherapien nicht möglich sei. Zur Behandlung gebe es andere Therapien, insbesondere die mit intravenös verabreichten Globulinen.
Mit Bescheid vom 24. August 2011 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme ab.
Der Kläger erhob am 29. August 2011 Widerspruch. Das Legen der Infusionsnadel sei mittlerweile extrem kompliziert und für ihn sehr schmerzhaft. Sein Arbeitgeber sei noch bereit, alle vier Wochen den Arbeitsausfall mitzutragen. Es stelle für ihn eine erhebliche Minderung der Lebensqualität dar, seine Aktivitäten immer danach planen zu müssen, wieder ins Krankenhaus zu müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2011 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, mit dem begehrten Arzneimittel könne der Immunglobulinspiegel permanent hoch gehalten werden und es sei damit zu rechnen, dass Schmerzzustände und Missempfindungen unterdrückt würden.
Er leide an einer seltenen Erkrankung leide und deshalb nicht auf das Fehlen von Phase III-Studien verwiesen werden könne.
Zum Ende der bisherigen Behandlungszyklen verstärkten sich die Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in den Extremitäten. Es deuteten sich Zerstörungsprozesse der Nervenhäute an. Er erhalte in den Therapiepausen zur Schmerzlinderung ein Schmerzmittel, welches Nebenwirkungen habe.
Das SG hat Befundberichte der behandelnde Ärzte eingeholt, auf die ergänzend verwiesen wird.
Es hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31. Mai 2013 abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 27. September 2011 zu verpflichten...