Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. nachgeburtliches Einkommen. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Zahlungseingänge erst im Bezugszeitraum. strenges Zuflussprinzip. Verfassungsrecht

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bemessung des Elterngelds zu berücksichtigendes Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit ist in dem Zeitraum erzielt, in dem es dem Elterngeldberechtigten tatsächlich zugeflossen ist (vgl BSG vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R = SozR 4-7837 § 2 Nr 14).

2. Dies ist auch nicht verfassungswidrig.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 21.06.2016; Aktenzeichen B 10 EG 5/16 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. September 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die endgültige Festsetzung der Höhe des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sowie die Erstattung von 11.129,16 EUR.

Der Kläger ist Vater der 2010 geborenen N S J und war vor und nach der Geburt seiner Tochter als Ton-Cutter selbständig tätig. In seinem Antrag auf Elterngeld teilte er mit, dass er sowohl in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes als auch im davor abgeschlossenen Kalenderjahr (2009) durchschnittlich 40 Stunden tätig war und für den begehrten Leistungszeitraum (6. bis 14. Lebensmonat des Kindes) keine Projekte als Ton-Cutter annehmen und daher keine Einnahmen haben werde. Die Mutter des Kindes und Ehefrau des Klägers war vor und nach der Geburt als Fremdsprachentrainerin selbständig tätig.

Der Beklagte bewilligte der Ehefrau des Klägers Elterngeld für die Zeit vom 19. Juli 2010 bis 18. Dezember 2010 (1. bis 5. Lebensmonat des Kindes). Mit Bescheid vom 2. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für das Kind N Elterngeld für die Zeit vom 19. Dezember 2010 bis 18. September 2011 (6. bis 14. Lebensmonat) in Höhe von (iHv) monatlich 1.785,79 EUR. Aufgrund einer Rechtsänderung (Reduzierung der Berechnungsbasis von 67% auf 65%) änderte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2011 seinen Bescheid vom 2. Dezember 2010 mit Wirkung ab 19. Januar 2011 und gewährte Elterngeld für die Zeit vom 19. Januar 2011 bis 18. September 2011 (7. bis 14. Lebensmonat) iHv monatlich 1.732,48 EUR. Beide Bescheide enthielten folgenden Hinweis: “Die Bestimmung des durchschnittlichen Einkommens nach der Geburt stellt eine Prognose dar. Das Elterngeld wird gemäß § 8 Abs. 3 BEEG unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens aus Erwerbstätigkeit vorläufig gezahlt. Nach Ablauf des Bezugszeitraums ist das tatsächlich erzielte Einkommen nachzuweisen. Zu wenig erbrachte Leistungen werden nachgezahlt, eine eventuelle Überzahlung wird zurückgefordert„. Der Beklagte ermittelte in beiden Bescheiden das vorgeburtliche Einkommen (monatlich 2.665,36 EUR) anhand der im Einkommensteuerbescheid für 2009 ausgewiesenen Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb (32.039 EUR) und Vermietung und Verpachtung (1.063 EUR) abzüglich der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen und auf den Kläger entfallenen Einkommen- und Kirchensteuer.

Nach Vorlage einer Einnahme-Überschussrechnung des Klägers für die Zeit vom 19. Dezember 2010 bis 18. September 2011 (Zahlungseingänge abzüglich Ausgaben = + 19.345.95 EUR) setzte der Beklagte mit Bescheid vom 8. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2012 den Elterngeldanspruch für die Zeit vom 19. Dezember 2010 bis 18. September 2011 endgültig iHv monatlich 515,51 EUR für den 6. Lebensmonat sowie iHv monatlich 512,00 EUR für den 7. bis 14. Lebensmonat fest und forderte zugleich vom Kläger die Erstattung von 11.129,16 EUR (Differenz zwischen den vorläufig bewilligten Leistungen und den endgültig festgesetzten Leistungen im Bezugszeitraum). Der Beklagte ermittelte das nachgeburtliche Einkommen iHv monatlich 1.895,94 EUR aus dem in der Einnahme-Überschussrechnung ausgewiesenen Gewinn (+19.345,95 EUR) abzüglich der Beiträge des Klägers zur privaten Krankenversicherung (2.282,49 EUR) und führte in der Begründung aus, dass der Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 BEEG konkret festgelegt habe, wie das durchschnittliche Erwerbseinkommen nach der Geburt des Kindes bestimmt werde. Dabei werde das Einkommen, welches in dem konkreten Zeitraum tatsächlich zugeflossen sei, bei der Elterngeldberechnung gemäß § 2 Abs. 8 und 9 BEEG berücksichtigt. Es sei unerheblich, ob sich das erzielte Elterneinkommen aus einer Leistung vor dem Bezugszeitraum ergebe. Nur der Zeitpunkt des Zuflusses sei ausschlaggebend. Von einer Anhörung vor endgültiger Festsetzung habe nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abgesehen werden können. Hinsichtlich des Rückforderungsbegehrens halte das Bundessozialgericht (BSG) sowohl das Vorgehen nach § 8 Abs. 3 BEEG iVm § 50 Abs. 2 SGB X als auch das nach § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) grundsätzlich für zulässi...

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