Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Vergütung nicht antrags- und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen im Quartal II/10. keine Quotierung innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze
Leitsatz (amtlich)
Den Vorgaben des Bewertungsausschusses im Beschluss vom 22.9.2009 ist für das Quartal II/10 keine Ermächtigung zu entnehmen, die psychotherapeutischen Leistungen innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze mit einem geringeren Punktwert als den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten; das betrifft gleichermaßen antrags- wie nicht antragspflichtige Leistungen. Die gegenläufige honorarvertragliche Regelung ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Vergütung der vom Kläger im Quartal II/10 erbrachten sonstigen nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt 35.1 EBM.
Der Kläger ist seit dem 1. März 2003 als psychologischer Psychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in B zugelassen. Seit dem 1. Juni 2008 führt er seine Praxis im Verwaltungsbezirk F-K.
Mit Honorarbescheid für das Quartal II/10 erhielt er ein Gesamthonorar in Höhe von 18.977,81 Euro, inklusive Sachkosten in Höhe von 14,50 Euro.
Die ihm zugewiesene zeitbezogene Kapazitätsgrenze (30.288 Minuten) unterschritt der Kläger um 17.268 Minuten. Für antrags- und genehmigungsbedürftige Leistungen erhielt er die Vergütung zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach dem Orientierungspunktwert von 3,5048 Cent. Auf die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen entfiel ein Honorar in Höhe von 15.092,04 Euro. Auf die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen entfiel ein Honorar in Höhe von 3.871,27 Euro, das die Beklagte nach einem quotierten Punktwert von 2,4757 Cent berechnete; wären auch diese Leistungen nach dem Orientierungspunktwert vergütet worden, hätte das Honorar des Klägers sich auf insgesamt 20.629,38 Euro belaufen (Differenz: 1.651,57 Euro zu Beginn des Widerspruchsverfahrens). Der Punktwert von 2,4757 Cent entsprach demjenigen für die mengenbegrenzenden Maßnahmen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Anlage 1a des Honorarvertrags über die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen für das Vertragsgebiet Berlin für den Zeitraum 1. April 2010 bis 30. Juni 2010 (im Folgenden: HV 2010).
Anlage 1a zu HV 2010 bestimmte u.a.:
„Zur Leistungsmengenbegrenzung wird für die vorgenannten Leistungsbereiche der Leistungsbedarf - soweit möglich - des entsprechenden Quartals aus dem Jahr 2008, unter Berücksichtigung der Auswirkungen der regionalen HVV-Quote reduziert um einen Abschlag von 10 v. Hundert, bewertet zu den Preisen der aktuell gültigen Eurogebührenordnung je Quartal innerhalb des jeweiligen Versorgungsbereichs festgeschrieben. Soweit die Leistungsanforderung über alle genannten Leistungsbereiche des jeweiligen Versorgungsbereichs die festgeschriebene Menge dieses Versorgungsbereichs überschreitet, wird die arztseitige Vergütung entsprechend quotiert.“
Mit seinem Widerspruch rügte der Kläger die nur quotierte Vergütung der von ihm erbrachten nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen. Er habe sämtliche nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen im Rahmen der Kapazitätsgrenze erbracht. Diese müssten daher nach den Werten der Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Mit der 1. Änderungsvereinbarung zum Honorarvertrag vom 11. März 2010 habe die Beklagte mit den beteiligten Krankenkassen mengensteuernde Maßnahmen für die Zahlungen an Ärzte und Psychotherapeuten ohne Regelleistungsvolumen vereinbart und dabei auch die nicht genehmigungspflichtigen Leistungen aufgeführt. Auch wandte er sich gegen die Höhe der Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 gab die Beklagte dem Widerspruch für die Vergütung der probatorischen Sitzungen (EBM-Nr. 35150) - entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu B 6 KA 9/07 R - statt und vergütete sie mit einem Punktwert von 2,56 Cent. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Quotierung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen entspreche den Vorgaben des Bewertungsausschusses, insbesondere in seinem Beschluss vom 22. September 2009 (199. Sitzung) zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2010, dort Teil F II. („Konvergenzphase“). Danach könnten auch „freie Leistungen“ einer Steuerung unterzogen werden, um einer nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (z. B. d...