Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Aufhebung einer Sanktion. Nichterfüllung des Zahlungsanspruchs auf nachträglich bewilligte Geldleistungen durch erfolgte Ausgabe von Gutscheinen gem § 31a Abs 3 SGB 2
Orientierungssatz
1. Ein nach Aufhebung von Sanktionsbescheiden und nachträglicher Leistungsbewilligung bestehender Anspruch auf Geldleistungen gem §§ 19, 20 SGB 2 kann nicht durch die gem § 31 a Abs 3 SGB 2 erfolgte Aushändigung von Gutscheinen erfüllt werden.
2. Zwar werden die Leistungen der Grundsicherung nach § 4 Abs 1 SGB 2 in Form von Dienst-, Geld- und Sachleistungen erbracht. Es besteht aber kein Wahlrecht zwischen den verschiedenen Leistungsarten. Sachleistungen können nur gewährt werden, wenn dies ausdrücklich geregelt ist.
3. Die dem Hilfebedürftigen nach § 31a Abs 3 SGB 2 gewährte Leistung ist eine Sachleistung bzw geldwerte Leistung, die auf gesonderten Antrag des von einer Sanktion Betroffenen zur Sicherung des absolut unerlässlichen Existenzminimums gewährt wird. Diese Leistung tritt an die Stelle der Gewährung von Arbeitslosengeld II und ist daher keine Leistung nach §§ 19, 20 SGB 2, sondern ein aliud.
Normenkette
SGB II § 31a Abs. 3, § 4 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Sätze 1, 4, §§ 22, 24 Abs. 2, § 42a Abs. 2, § 43 Abs. 1, 4; BGB § 362 Abs. 1, § 364 Abs. 1; SGB XII § 27a Abs. 4 S. 1
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, aus einer Leistungsbewilligung weitere Leistungen auszuzahlen.
Der 1989 geborene Kläger, für den im streitbefangenen Zeitraum für die Bereiche Vermögenssorge und Vertretung bei Behörden eine Betreuung eingerichtet war, bezog von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II -. Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 minderte der Beklagte den Leistungsanspruch im Hinblick auf eine festgestellte Pflichtverletzung für den Zeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Oktober 2013 um monatlich 10 v.H. des maßgebenden Regelbedarfs (monatlich 38,20 €). Mit einem weiteren Bescheid vom 24. Juli 2013 beschränkte der Beklagte für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Oktober 2013 den zuerkannten Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU/H). Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass auf seinen Antrag Sachleistungen (Gutscheine) und geldwerte Leistungen gewährt werden könnten. In der Folge wurden am 6. August 2013 so genannte Gutscheine in einem Wert von 176,00 € an den Kläger persönlich ausgegeben. Am 9. September 2013 sind weitere Gutscheine im Wert von 176 € an den Kläger persönlich ausgegeben worden. Nach Mitteilung des Beklagten sind Gutscheine bis auf einen Betrag von 44,00 € eingelöst worden.
Nachdem bereits mit Änderungsbescheid vom 14. Oktober 2013 die Minderung des Anspruchs auf Leistungen der Grundsicherung auf einen Zeitraum von sechs Wochen verkürzt und entsprechend höhere Leistungen für den Zeitraum ab 1. Oktober 2013 bewilligt worden waren, hob der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 4. Dezember 2013 die Sanktionen mit den Bescheiden vom 9. Juli 2013 und 24. Juli 2013 auf und bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2013 für den Zeitraum vom 1. August 2013 bis 30. September 2013 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II i.H.v. 661,44 € (382,00 € Regelbedarf, 279,44 € für KdU/H). Die zuvor einbehaltenen Zahlungen infolge der Umsetzung der Sanktionen i.H.v. 197,92 € für August 2013 und 154,08 € für September 2013, insgesamt 352,00 € wurden an den Kläger nicht nachgezahlt. Nach einem Vermerk des Beklagten entsprachen die ausgereichten Lebensmittelgutscheine dem Betrag von 352,00 €.
Unter dem 20. Januar 2014 wandte sich der Betreuer des Klägers an den Beklagten und erbat einen rechtsmittelfähigen Bescheid hinsichtlich der zu beanspruchenden Nachzahlungen von Leistungen nach Aufhebung der Sanktionen sowie hinsichtlich der beantragten Erstattung von Mahnkosten der Energieversorger. Unter dem 20. März 2014 wurden dem Kläger 100 € im Hinblick auf § 24 SGB II wegen angezeigter Mittellosigkeit gewährt, hierbei berücksichtigte der Beklagte, dass durch Rücknahme der Sanktionen bei ausgereichten Gutscheinen Barmittel fehlten.
Unter dem 7. Mai 2014 erinnerte der Betreuer des Klägers an in die Bearbeitung seines Antrages vom 20. März 2014 und begehrte die Überprüfung der Nachzahlungen von Leistungen nach Aufhebung der Sanktionen. Er machte einen Fehlbetrag von 338,56 € für den Zeitraum August 2013 bis einschließlich März 2014 geltend und berücksichtigte dabei die Ausgabe der Gutscheine für die Monate August und September 2013 in Höhe von jeweils 176,00 € als Zahlungen des Beklagten.
Der Beklagte teilte dem Betreuer des Klägers mit, dass durch die Lebensmittelgutscheine i.H.v. 176,00 € kein Fehlbetrag hinsichtlich der Auszahlungen aus den zuerkannt...