Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässige Verrechnung. bestandskräftige Forderung. vorläufig vollstreckbarer Beitragsbescheid. sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Gegenstand einer Verrechnung nach § 52 SGB 1 kann nur eine bestands- bzw rechtskräftige Forderung sein. Ein vorläufig vollstreckbarer Beitragsbescheid iS des § 86a Abs 2 SGG reicht nicht aus.
Orientierungssatz
Vgl BSG vom 24.7.2003 - B 4 RA 60/02 R = SozR 4-1200 § 52 Nr 1.
Tenor
Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte die Altersrente des Klägers mit einer Forderung der Beigeladenen verrechnen kann.
Die Beklagte gewährte dem 1934 geborenen Kläger, der die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt, auf seinen Antrag vom 07. Juli 1992 mit Bescheid vom 13. Oktober 1994 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Juli 1992 und auf seinen Antrag vom 19. April 1999 mit Bescheid vom 14. Juni 1999 anstelle der bisherigen Rente eine Regelaltersrente ab 1. August 1999 mit einem monatlichen Zahlbetrag i.H.v. 307,23 DM (Zahlbetrag am 1. August 1999). Mit weiterem Rentenbescheid vom 23. November 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die bisher gezahlte Rente werde ab 1. August 1999 neu berechnet. Grund für die Neuberechnung sei eine Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses. Die Beklagte errechnete ab 1. August 1999 nunmehr einen monatlichen Zahlbetrag i.H.v. 284,04 DM sowie eine Überzahlung für die Zeit vom 1. August 1999 bis zum 31. Dezember 1999 i.H.v. 115,95 DM, die sie von dem Kläger zurückforderte. Beiträge zur Krankenversicherung wurden in Höhe von monatlich 20,58 DM und zur Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 2,61 DM gefordert. Mit weiterem Bescheid vom 16. Dezember 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie berechne auch die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Juli 1999 neu, auch insoweit habe sich das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis geändert. Es ergebe sich eine Überzahlung i.H.v. 204,77 DM, die zurückgefordert werde. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 erläuterte die Beigeladene hierzu, dass nach dem ab 1. Oktober 1998 gültigen neuen deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen auf Personen, die nicht unter den persönlichen Geltungsbereich der EWG-Verordnung 1408/71 fallen würden, materiellrechtlich und verfahrensmäßig die EWG-Verordnungen über Soziale Sicherheit anzuwenden seien. Da der Kläger Bezieher einer deutschen Rente und Schweizer Staatsangehöriger sei und in Österreich wohne, sei für ihn ab 1. Oktober 1998 die deutsche KVdR nach dem deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen, nach Maßgabe der Verordnungen (EWG) Nummer 1408/71 und 574/72 des Rates der Europäischen Gemeinschaften über Soziale Sicherheit durchzuführen (§ 3 Nr. 2 in Verbindung mit § 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV). Mit weiteren Bescheiden vom 1. Oktober 2002, vom 26. November 2002 sowie vom 17. Februar 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Regelaltersrente (zunächst ab 1. Juni 2002, schließlich) ab 1. November 2002 neu berechnet werde. Grund hierfür sei, dass sich das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis erneut geändert habe. Mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 24. Oktober 2002 erläuterte die Beigeladene hierzu, mit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (Sektoralabkommen) zum 1. Juni 2002 seien die EWG-Verordnungen auch für schweizerische Staatsangehörige maßgeblich. Der Bezug einer schweizerischen Rente, welcher bis dahin nach dem deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen nicht zu berücksichtigen gewesen sei, sei ab 1. Juni 2002 in die Entscheidung zur KVdR einzubeziehen. Da für ihn die längste Zeit die schweizerischen Rechtsvorschriften gegolten hätten, seien ab 1. Juni 2002 die Leistungen von der schweizerischen Krankenkasse zu übernehmen.
Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 11. Oktober 2002 - welches die Beklagte an die Beigeladene weiterleitete - gegen den Rentenbescheid vom 1. Oktober 2002 und beantragte, weiterhin Mitglied in der Deutschen KVdR zu bleiben. Den Widerspruch wies die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2003 zurück.
Mit weiterem Schreiben vom 11. November 2002 erläuterte die Beigeladene dem Kläger (nunmehr) die Grundlagen der Beitragsberechnung hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 31. Oktober 2002 bestehenden KVdR und führte insbesondere aus, dass Beiträge nicht nur aus dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch aus vergleichbaren Einnahmen zu berechnen seien und forderte den Kläger auf, Auskunft über die Höhe seiner Versorgungsbezüge zu geben. Da der Kläger hierauf keine Auskünfte erteilte, ...