Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. Versorgungsmedizinische Grundsätze. Bildung des Gesamt-GdB. psychische Erkrankungen als insgesamt einheitliche Funktionsbeeinträchtigung. keine zu berücksichtigende Einzel-GdB für unterschiedliche Formen. höchste Einzelbewertung als Gesamt-GdB

 

Orientierungssatz

Bei der Bewertung unterschiedlicher Formen von bestehenden psychischen Erkrankungen (hier: andauernde Persönlichkeitsänderung, rezidivierende depressive Störung und somatoforme Störung) handelt es sich nicht um mehrere Einzel-GdB im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Anlage zu § 2 VersMedV), da sie nicht verschiedene Funktionsbeeinträchtigungen betreffen. Bei den psychischen Erkrankungen liegt insoweit nur eine einzige Funktionsbeeinträchtigung vor, die mit der höchsten Einzelbewertung bemessen wird.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.05.2017; Aktenzeichen B 9 SB 8/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).

Im Jahr 2003 wurde bei dem Kläger ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt. Den Änderungsantrag vom 25. Februar 2008 wies der Beklagte mit Bescheid vom 5. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2009 mit der Begründung zurück, dass der GdB weiterhin 30 betrage. Dem legte er folgende Behinderungen zugrunde:

1. psychische Störung, psychosomatische Störungen (Einzel-GdB von 30),

2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB von 10),

3. Reizmagen (Einzel-GdB von 10),

4. Apnoe-Syndrom (Einzel-GdB von 10).

Mit der Klage bei dem Sozialgericht Potsdam hat der Kläger einen höheren Grad der Behinderung als 30 und das Merkzeichen RF begehrt.

Das Sozialgericht hat das Gutachten des Nervenarztes Dr. L vom 2. September 2012 eingeholt, der den Grad der Behinderung auf 40 beziffert hat. Hierbei ging er von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, Angst und Depressionen gemischt aus, die er mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet hat. Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz hat das Sozialgericht das Gutachten des Prof. Dr. F vom 24. März 2014 eingeholt, der den Grad der Behinderung mit 50 bewertet hat: Es lägen bei dem Kläger eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung mit rezidivierender depressiver Störung und anhaltender somatoformer Schmerzstörung vor. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 24. Juli 2014 hat der Beklagte (in Ergänzung seines Teilanerkenntnisses vom 3. Juni 2010) erklärt, dass er ab 25. Februar 2008 bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 50 feststellen werde. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen. Dessen weiter verfolgten Klageantrag, bei ihm einen Grad der Behinderung von 80 festzustellen, hat das Sozialgericht Potsdam mit Urteil vom 24. Juli 2014 zurückgewiesen. Unter dem 20. August 2014 hat der Beklagte einen Ausführungsbescheid erlassen, mit dem er bei dem Kläger ab 25. Februar 2008 einen Grad der Behinderung von 50 festgestellt hat.

Gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Potsdam richtet sich die Berufung des Klägers. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Prof. Dr. F vom 12. April 2016. Der Sachverständige hat den Gesamt-GdB weiterhin mit 50 bewertet. Hierzu hat er auf psychosomatischem Fachgebiet als Funktionsbehinderungen eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung mit rezidivierender depressiver Störung sowie eine somatoforme Störung mit Somatisierung und anhaltenden Schmerzen ermittelt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. Juli 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 5. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2009 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 19. August 2014 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab dem 25. Februar 2008 einen Grad der Behinderung von mindestens 80 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend ist.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage mit der angefochtenen Entscheidung zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Grad der Behinderung von mehr als 50.

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