Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Unzulässigkeit der Glaubhaftmachung der Höhe der von Juli 1968 bis Dezember 1982 gezahlten Jahresendprämien durch Annahme einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Gewährung einer Jahresendprämie ging es grundsätzlich nicht um eine allgemeine Ausschüttung finanzieller Mittel an alle Beschäftigten nach festen Sätzen. Weil die Prämie Instrument im "Kampf um die Planerfüllung" sein sollte, sollte es in der Regel auf die Erfüllung der konkreten Planvorgaben ankommen.
2. Die Bestimmung der von Juli 1968 bis Dezember 1982 gezahlten Jahresendprämie der Höhe nach auf ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes ist eine unzulässige Schätzung. Dass die Jahresendprämie mehr als ein Drittel betragen hat, ist mindestens genauso wahrscheinlich wie eine Jahresendprämie in dieser Mindesthöhe.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 4. April 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger strebt die Feststellung höherer Arbeitsentgelte für die Zeit von Oktober 1969 bis 1989 unter Berücksichtigung der jährlichen Jahresendprämien im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens an.
Der Kläger ist am ... April geboren. Er schloss Ende Oktober 1958 sein Studium an der B S erfolgreich ab und ist - unstreitig - berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Nach Abschluss des Studium arbeitete er als Ingenieur und Abteilungsleiter beim VEB . Seit April 1988 war er Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Eine Versorgungszusage über die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erhielt er nicht.
Mit Feststellungsbescheid vom 11. Oktober 2001 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 31. Oktober 2012 - letzterer Bescheid war aufgrund eines Überprüfungsverfahrens ergangen - stellte die Beklagte die Zeit vom 1. Oktober 1958 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz fest und setzte entsprechende Arbeitsentgelte fest. Von 1961 bis 1964 sowie erneut von 1966 bis 1990 berücksichtigte die Beklagte zudem die sog. Bergmannsprämie; die Auszahlungsbeträge waren nach einer Auskunft des Unternehmens, der Verwalterin des Archivs des VEB des Klägers (nachfolgend: Archivgutverwalterin), ermittelt worden.
Am 20. Dezember 2013 beantragte der Kläger die Jahresendprämien für die bisher nicht nachweisbaren Jahre als glaubhaft gemachtes Entgelt nach § 6 Abs. 6 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzusetzen.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Februar 2014 ab, ebenso mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2014 den vom Kläger eingelegten Widerspruch. Die begehrten zusätzlichen Arbeitsverdienste, das heißt die Jahresendprämien, seien nicht glaubhaft gemacht worden. Die Jahresendprämie sowie ihre Höhe sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung erfolge nicht.
Der Kläger hat am 7. November 2014 vor dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben. Die vom Landessozialgericht in Chemnitz angewandte Schätzmethode zur Ermittlung und Berücksichtigung der Jahresendprämien müsse auch für ihn gelten. Auf der Basis des Bruttogehaltes des Vorjahres könne die Höhe seiner Jahresendprämie geschätzt werden.
Mit Urteil vom 4. April 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Höhe der Jahresendprämie sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden.
Viel spreche schon dafür, dass es sich bei der Jahresendprämie gar nicht um ein Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 6, 8 AAÜG handele. Bereits der Gesetzgeber der DDR habe eine steuerrechtliche und eine versorgungsrechtliche Berücksichtigung dieser Prämien ausgeschlossen. Die Prämien seien seinerzeit nicht lohnsteuerpflichtig gewesen. Zudem seien sie damals aufgrund der Rechtslage bei der Sozialversicherung und auch bei der Zusatzversorgung unberücksichtigt geblieben. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - dem Grunde nach die Jahresendprämie als Bestandteil des nach § 6 Abs. 1 AAÜG festzustellenden Entgeltes anerkenne, folge das Gericht dieser Auffassung nicht. Zusätzliche Zahlungen des Arbeitgebers seien vielmehr nach den Bestimmungen des AAÜG nur dann festzustellen, wenn hierdurch bereits in der DDR ein Anspruch auf Altersvorsorge erworben oder eine entsprechende Anwartschaft begründet worden sei, unstreitig sei dies hier jedoch nicht der Fall gewesen. Dass die Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigen besser als seinerzeit in der DDR stehen sollten, sei nicht Sinn und Zweck des AAÜG. Vielmehr solle nur erreicht werden, dass die damaligen Ansprüche und Anwartschaften ungesc...