Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. arbeitstechnische Voraussetzung. Mainz-Dortmunder-Dosismodell. Belastungsdosisgrenzwert. Unterschreiten um mehr als 20%. Kfz-Schlosser
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (hier: Bandscheibe L5/S1) eines Kfz-Schlossers als Berufskrankheit gem BKVO Anl 1 Nr 2108 mangels Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen (hier: Unterschreiten der Richtdosiswerte des MDD um mehr als 20%).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2002 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung einer Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO), die Gewährung von Verletztengeld, Übergangsleistungen und einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 v.H.
Der 1961 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 1978 bis 15. Juli 1980 eine Ausbildung zum Kfz-Schlosser bei dem VEB Kombinat B Verkehrsbetriebe und war dort noch bis zum 29. November 1980, anschließend ab 1. Dezember 1980 beim VEB Hochbau K (VEB Hochbau) bzw. dessen Rechtsnachfolgern als Kfz-Schlosser beschäftigt. Diese Tätigkeit wurde durch eine Wehrdienstzeit vom 5. Mai 1981 bis zum 29. Oktober 1982 unterbrochen. Während dieser Zeit war der Kläger vom 29. Mai bis 30. November 1981 und vom 5. Mai bis zum 29. Oktober 1982 als Kfz-Schlosser truppendienstlich eingesetzt. Ab 1. November 1991 war er als Kfz-Schlosser in der Firma E Nutzfahrzeug Vertriebs-GmbH (E-GmbH) tätig. Das Arbeitsverhältnis endete nach einer Zeit des Krankengeldbezuges ab 5. Januar 1993 zum 18. Juli 1993. Seit Juli 1993 ist der Kläger als Verkaufsberater beschäftigt.
Im Juni 1993 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen die Anerkennung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit und machte geltend, nach mehreren Klinikaufenthalten sei ihm mitgeteilt worden, dass er seinen Beruf als Kfz-Schlosser nicht mehr ausüben könne.
In einem ersten Untersuchungsbefund stellte der Arbeitsmediziner Dr. G am 22. September 1993 unter Berücksichtigung u.a. des Entlassungsberichts der C vom 25. März 1993 fest, dass der Verdacht einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 bestehe.
Der daraufhin von der Beklagte angehörte Kläger schilderte die Tätigkeit bei den B Verkehrsbetrieben dahingehend, Aggregate, Bremstrommeln, Kupplungsautomaten, Gelenkwellen, Motorteile und Federn etc. bewegt zu haben, es hätten Gabelstapler und Hubwagen zur Verfügung gestanden. Seine Tätigkeit bei dem VEB Hochbau habe in der Instandsetzung von LKW, Baumaschinen, in Schweißarbeiten im Betrieb und auf Baustellen, als Kraftfahrer und Staplerfahrer, sowie in Be- und Entladearbeiten bestanden. An technischen Hilfsmitteln hätten Gabelstapler, Hubwagen, nicht aber Grubenwagenheber zur Verfügung gestanden. Die Lasten hätten im Durchschnitt 25 kg gewogen. Die Lkw seien oft "per Hand" be- und entladen worden. Etwa an 75% der Arbeitstage hätte er 100 bis 250 Minuten mit einer Rumpfbeugung von mehr als 90 Grad arbeiten müssen. Entsprechende Belastungen führte der Kläger auch für die Zeit bei der E-GmbH auf. Dieser Arbeitgeber gab hierzu an, es sei auf den bekannten Wirbelsäulenschaden des Klägers Rücksicht genommen worden. Von den übrigen Arbeitgebern konnten keine Auskünfte erlangt werden.
Die Beklagte zog das Krankenblatt des Krankenhauses K vom 28. Oktober 1992 über einen Aufenthalt vom 21. September bis 3. Oktober 1992, den Entlassungsbericht der C über einen Aufenthalt vom 4. bis 29. März 1993 und den Entlassungsbericht der H-U Klinik S über einen anschließenden Aufenthalt bis zum 20. April 1993 bei.
Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beigeladenen ermittelte bei der Eura GmbH, dass der Kläger mit dem Aufbau von Hydraulikanlagen für neu zu montierende Lkw-Ladekrane befasst gewesen sei. Hervorzuheben im Sinne hoher Wirbelsäulenbelastungen seien Zeiten für Montage, die in gebeugter Haltung (30-90°) auszuführen gewesen seien. Die Summe werde auf eine Stunde pro Tag geschätzt bei jeweils gleichen Anteilen der Rumpfbeugewinkel von 30, 60 und 90°. Montagen an Kfz hätten z.T. ein längeres Verharren in diesen Körperstellungen erfordert.
Der TAD der Beklagten schätzte in einer Auskunft vom 28. Dezember 1994 die Tätigkeit des Klägers von 1982 bis 1991 dahingehend ein, dass er bei der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten 10% der Arbeitszeit in Rumpfbeugehaltung gehoben, 15% mehr als 25 kg gehoben und 10% mehr als 25 kg getragen hätte.
Auf Veranlassung der Beigeladenen erstattete der Facharzt für Orthopädie Dr. B am 5. Mai 1995 ein Zusammenhangsgutachten. Dieser stellte nach Befragung und körperlicher Untersuchung des Klägers eine Lumboischialgie links mit derzeit nur subjektiven ...