Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Versicherungsschutz für eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Schulprojekt. Anforderung an die Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit
Orientierungssatz
1. Ein Schulprojekt als gemeinnütziges Projekt mit den Kindern einer Schule (hier: künstlerisches Projekt) kann auch dann anzunehmen sein, wenn nicht die Schule selbst das Projekt beauftragt, organisiert und durchführt, sondern ein schulfremder Dritter mit Wissen und Wollen der Schulleitung, wenn das Projekt mit den Kindern in der Schule durchgeführt und der Schule dauerhaft Zugute kommt. Für ein Tätigwerden in einem solchen Schulprojekt besteht dann Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.
2. Eine ehrenamtliche Tätigkeit für eine öffentliche Schule, die den Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung vermittelt, setzt nicht die explizite Übertragung dieses Amtes durch die Schule voraus. Vielmehr genügt es, dass der Betroffene mit Kenntnis der Schulleitung und jedenfalls nicht gegen deren Willen im Rahmen eines Schulprojekts unentgeltlich tätig wurde.
3. Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist auch dann gegeben, wenn der unentgeltlich Tätige im Rahmen eines Schulprojekts einen anderen unterstützt, unabhängig davon, ob dieser selbst ehrenamtlich tätig ist oder nicht. Dabei schließt auch der Umstand, dass die Tätigkeit durch eine freundschaftliche Verbundenheit mit einem anderen Projektbeteiligten motiviert war, die Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht aus.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. Februar 2009 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls die gesetzlich zustehenden Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Unfalls vom 23. Juni 2007 als Versicherungsfall.
Der Kläger erlitt am 23. Juni 2007 einen Unfall, als er der seit Oktober 2006 zeitweise im Kunstunterricht der Schule tätig geworden Künstlerin E N half, die im Rahmen eines über das Bezirksamt M finanzierten und durch das Quartiersmanagement S bereit gestellten Projektes “Wandmalerei„ von den Kindern der H-Grundschule erstellten Bilder im Schulflur anzubringen, dabei von der Stufe der schuleigenen Leiter abrutschte, auf den Boden stürzte und sich einen Fersenbeintrümmerbruch und einen Bänderriss zuzog.
Ausweislich der Unfallanzeige der Leiterin der H-Grundschule, Frau S, vom 28. Juni 2007 hätten die Schüler die Bilder auf Leinwandflächen fertig gestellt und Frau N habe sie am Wochenende an die Wände des Flurs kleben wollen. Da dies allein nicht möglich gewesen sei, habe der Kläger dabei helfen sollen. Die Arbeiten seien am Freitag, dem 22. Juni 2007, begonnen und am Sonnabend fortgesetzt worden, bis es gegen 16:00 Uhr zu dem Unfall gekommen sei.
Der Kläger gab im Unfallfragebogen der Technikerkrankenkasse an, seine Hilfe sei nötig gewesen, um die aus brandschutztechnischen Gründen auf schwer entflammbarem Stoff gemalten Bilder fest auf den Wänden zu verkleben. Diese Arbeiten seien aus Sicherheitsgründen während der unterrichtsfreien Zeiten durchgeführt worden. Frau N habe ihr Honorar mit ihm geteilt, so dass er für seine Hilfe 16 Euro pro Stunde erhalten habe.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 23. Juni 2007 ab, weil kein Arbeitsunfall vorliege. Der Unfall habe sich nicht im Rahmen eines regulären Beschäftigungsverhältnisses des Klägers mit der H-Grundschule ereignet. Auch die Tätigkeit des Klägers für Frau N als selbständiger Unternehmerin (freie Künstlerin), für die im Übrigen eine gewerbliche Berufsgenossenschaft und nicht die Beklagte zuständig wäre, sei nicht einer Tätigkeit aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ähnlich, sondern stelle sich vielmehr als eine im Rahmen sozialer Beziehungen übliche Gefälligkeit dar, die der Kläger als Kollege, Freund und Mitbewohner der Wohngemeinschaft mit Frau N für diese erledigt habe. Für derartige Tätigkeiten bestehe kein Versicherungsschutz.
Mit seinem Widerspruch trug der Kläger unter Beifügung einer seine Angaben bestätigenden Bescheinigung der Schulleiterin der H-Grundschule, Frau S, vor, er sei mit deren Einwilligung unentgeltlich und damit ehrenamtlich i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 10 a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) tätig geworden. Die im Rahmen eines künstlerischen Projekts von den Kindern erstellten Wandmalereien hätten dauerhaft fest an den Wänden verklebt werden müssen und der Schulhausmeister habe aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verfügung gestanden. Der Unfall habe sich in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit ereignet, so...