Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz: keine Wie-Beschäftigung gem § 2 Abs 2 S 1 SGB 7. Handlungstendenz. freundschaftliche Verbundenheit. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB 7: unentgeltliche ehrenamtliche Mithilfe im Rahmen eines umfangreichen Kunstprojekts in einer Schule. Interesse der Schule und der Allgemeinheit
Leitsatz (amtlich)
1. Personen, die im Rahmen eines künstlerischen Projekts mit Kindern an einer Grundschule unentgeltlich tätig werden und im Interesse der Schüler und der Schule mithelfen, ein Wandbild anzubringen, genießen Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a SGB 7.
2. Zur Begründung des Tätigkeitswerdens im Sinne dieser Vorschrift bedarf es keiner ausdrücklichen "Verleihung" eines Ehrenamtes durch die Schulleiterin. Ausreichend war vielmehr, dass die Schulleiterin davon ausging, dass umfangreiche Arbeiten unentgeltlich im Interesse ihrer Schule und damit im Interesse der Allgemeinheit erbracht wurden.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2007 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Unfall vom 23. Juni 2007 um einen Arbeitsunfall infolge einer versicherten Tätigkeit handelt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen dieses Unfalls die gesetzlich zustehenden Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen.
4. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Unfalls vom 23. Juni 2007 als Versicherungsfall.
Der Kläger erlitt am 23. Juni 2007 einen Unfall an der H-H-Grundschule, als er der Künstlerin Frau E N half, Bilder im Schulflur anzubringen. Dabei rutschte er in einer Höhe von rund 140 cm von einer Leiterstufe ab und zog sich einen Fersentrümmerbruch zu.
Die Künstlerin Frau N führte seit Oktober 2006 ein künstlerisches Projekt mit Kindern der Schule im Rahmen des Unterrichts durch, das durch das so genannte Quartiersmanagement über das Bezirksamt M getragen und mit Mitteln der “Sozialen Stadt„ finanziert wurde.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2007 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen der Folgen dieses Unfalls ab, da es sich nicht um eine versicherte Tätigkeit gehandelt habe. Der Unfall habe sich weder im Rahmen eines regulären Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 1 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) ereignet, noch lägen die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 SGB VII - so genannter “Wie-Beschäftigter„ - vor. Es bestünden keine Anhaltspunkte für eine weisungsgebundene Tätigkeit für die H-H-Grundschule, die einem Beschäftigungsverhältnis gleichzusetzen wäre.
Auch die Tätigkeit für Frau E N als selbständige Unternehmerin (freie Künstlerin), für die im Übrigen keine Zuständigkeit der Unfallkasse Berlin bestehen würde, wäre nicht einer Tätigkeit aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ähnlich. Die Tätigkeit stelle sich vielmehr als eine im Rahmen sozialer Beziehungen übliche Gefälligkeit dar, die der Kläger als Kollege, Freund und Mitbewohner der Frau N erledigt habe.
Hiergegen legte der Kläger über seine Verfahrensbevollmächtigte mit am 16. August 2007 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Es läge ein Versicherungstatbestand gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 10 a SGB VII vor, da er unentgeltlich für die H-H-Grundschule tätig gewesen sei, und zwar mit Einwilligung der Schulleiterin Frau Sch . Der Hausmeister habe aus gesundheitlichen Gründen nicht als Mithelfender für das Anbringen der Bilder zur Verfügung gestanden, so dass Frau N mit der Schulleiterin vereinbart hatte, dass er - der Kläger - helfe, die Bilder anzubringen. Eine schriftliche Bestätigung der Schulleiterin Frau Sch wurde überreicht.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2007 zurück. Es könne vorliegend nicht von einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 10 a SGB VII ausgegangen werden. Der Kläger habe nach seinen eigenen Angaben für die Mithilfe 16 Euro pro Stunde von Frau N erhalten, die das für das Projekt zur Verfügung stehende Honorar mit ihm geteilt habe. Es sei vor diesem Hintergrund nicht erkennbar, dass es der ausdrückliche Wille des Klägers gewesen wäre, nur ehrenamtlich und unentgeltlich für die Schule tätig zu werden.
Am 27. November 2007 erhob der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Es könne dahin stehen, ob er für seine Mithilfe 16 Euro pro Stunde von Frau N erhalten habe, da seine Tätigkeit jedenfalls gemäß § 2 Absatz 2 SGB VII versichert gewesen sei. Im Hinblick auf Frau N sei seine Hilfestellung als eine ihrem Unternehmen dienende Tätigkeit anzusehen. Bereits eine geringfügige und kurze Hilfe sei ausreichend, um entsprechenden Versicherungsschutz zu begründen. Weiterhin habe seine Tätigkeit dem Willen der Unternehmerin Frau N entsprochen, könne ihrer Art nach von Arbeit...