Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der Berechnung einer Altersrente für Kindererziehungszeit im Ausland
Orientierungssatz
Bei einem Aufenthalt im Ausland können dort absolvierte Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nur dann anerkannt werden, wenn bereits unmittelbar vor der Kindererziehungszeit im Ausland Pflichtbeitragszeiten zur Rentenversicherung wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung absolviert wurden. Wurden dagegen Beitragszeiten im Gebiet der Bundesrepublik absolviert, können Auslandszeiten der Kindererziehung nicht bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Das gilt auch bei einem Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat der europäischen Union, jedenfalls soweit im Anschluss an die Kindererziehungszeit im Ausland eine Beschäftigung aufgenommen wird, für die in der gesetzlichen Sozialversicherung des Aufenthaltslandes eine Versicherungspflicht besteht.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten.
Die 1945 geborene Klägerin besitzt die französische Staatsangehörigkeit und lebt mit ihrem deutschen Ehemann, dem Beigeladenen, in F. Von Oktober 1965 bis Ende September 1970 war sie in Frankreich versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 7. September 1970 bis zum 6. Mai 1971 arbeitete die Klägerin versicherungspflichtig in Deutschland mit einer sich anschließenden Mutterschutzzeit bis 23. August 1971. Der gemeinsame Sohn der Klägerin und des Beigeladenen wurde 1971 geboren. Am 25. Juli 1971 zog die Familie nach Frankreich, wo die Klägerin vom 10. September 1971 bis Dezember 1979 versicherungspflichtig als Lehrerin beschäftigt war. Die gemeinsame Tochter kam im Juni 1972 zur Welt. Die Erziehung der Kinder habe gleichberechtigt durch sie und den Beigeladenen stattgefunden, der mit seinem Antrag auf Altersrente bei der Beklagten keine Zeiten für Kindererziehung geltend gemacht habe, die dann im Rentenbescheid vom 13. Mai 2008 auch nicht berücksichtigt worden seien. Die französische Schulaufsichtsbehörde Rouen bescheinigte unter dem 20. Oktober 2004, dass die Klägerin für ihren Sohn nicht die Gutschrift von vier Trimestern für Kindererziehung nach dem französischen Beamtenversorgungsgesetz erhalte.
Antragsgemäß bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 2014 (Änderungsbescheid vom 14. Juli 2014) ab 1. September 2013 Regelaltersrente in Höhe von 34,46 € monatlich unter Anerkennung der Zeiten vom 1. Juli bis 31. Juli 1971 als Kindererziehungszeit und vom 1. Dezember 1979 bis zum 28. Juni 1981 als Berücksichtigungszeit für den Sohn bzw. bis zum 24. Juni 1982 für die Tochter.
Ihren Antrag vom 31. Oktober 2014 auf Mütterrente und Feststellung zusätzlicher Entgeltpunkte, den die Beklagte als Überprüfungsantrag in Bezug auf den Bescheid vom 12. Mai 2014 auslegte, lehnte jene mit Bescheid vom 6. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2015 ab. Zur Begründung heißt es, der Bescheid vom 12. Mai 2014 in der Fassung des Bescheides vom 6. November 2014 sei rechtmäßig. Weitere Kindererziehungszeiten für den Sohn könnten nicht berücksichtigt werden, da sich die Klägerin seit August 1971 von der deutschen Arbeits- und Erwerbswelt gelöst habe. Die Erziehung werde durch den französischen Versicherungsträger in Form der “majoration pour mère de famille„ berücksichtigt, worüber der französische Träger in eigener Zuständigkeit entscheide. Da für den Sohn im zwölften Kalendermonat nach der Geburt keine anrechenbare Kindererziehungszeit mehr vorgelegen habe, habe auch ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung (Mütterrente) nicht gewährt werden können.
Ihre nachfolgende Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 4. Februar 2016 abgewiesen und zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ergänzend ist ausgeführt, aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 10. März 1991 - C-111/91 - ) folge nicht, dass Zeiten der Kindererziehung, welche im Rentensystem eines Mitgliedstaats berücksichtigt werden, zugleich in einem weiteren Mitgliedstaat Berücksichtigung finden müssen. Nichts anderes ergebe sich aus dem europarechtlichen Diskriminierungsverbot.
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, der französische Rentenversicherungsträger habe für die Erziehung ihrer Kinder statt des üblichen Aufschlags von vier Jahren nur drei Jahre angerechnet erhalten, weil sie im Zeitpunkt der Geburt des Sohnes den Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland unterlegen habe. Angesichts des inländischen Arbeitsverhältnisses vor und nach der Geburt habe sie einen Anspruch auf Anerkennung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kinder...