Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer rechtswirksamen elektronischen Berufungseinlegung
Orientierungssatz
1. Die nach § 151 Abs. 1 SGG einzulegende Berufung kann gemäß § 65a Abs. 1 SGG auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Die im EGVP-Übermittlungsverfahren eingesetzte qualifizierte elektronische Signatur, die sich nicht auf das einzelne elektronische Dokument bezieht, sondern auf den mehrere Dateien umfassenden Nachrichtencontainer, genügt seit 1. 1. 2018 nicht mehr den Anforderungen des § 65a Abs. 2 S. 2, Abs. 3 SGG i. V. m. § 4 Abs. 2 ERVV. Danach darf eine sog. Container-Signatur nicht mehr verwendet werden (BSG Beschluss vom 9. 5. 2018, B 12 KR 26/18 B).
2. Allein der Ausdruck eines elektronisch über das EGVP als Datei übermittelten Schriftsatzes entspricht nicht den Anforderungen des § 151 Abs. 1 SGG an die Schriftform einer Berufungsschrift.
3. Ist die Berufungsfrist wegen formaler Mängel der Berufungseinlegung versäumt, so ist dem Berufungskläger nicht nach § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hat dieser die Möglichkeit der elektronischen Berufungseinlegung gewählt, so ist es ihm zuzumuten, sich über die Voraussetzungen der zugelassenen Dateiformate und der qualifizierten Signatur im Einzelnen in der in der Rechtsmittelbelehrung genannten ERVV zu informieren.
Tenor
Die Berufung wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015.
Er ist 1958 geboren, geschieden und übt seit 1991 eine selbständige Tätigkeit als Handelsvertreter für einen Marktführer für Nachtwäsche, Home- und Leisure-Ware für Herren, Damen und Kinder aus. Für diese Tätigkeit hat der Kläger ein Büro, einen Kellerraum und einen Stellplatz unter der im Rubrum angegebenen Adresse im H Weg 25, G von Frau G G angemietet, die unter der angegebenen Adresse lebt. Frau G Gist Eigentümerin eines Pkws mit dem amtlichen Kennzeichen, den sie dem Kläger aufgrund eines Nutzungsvertrages entgeltlich zur Verfügung stellt.
Für seine frühere, im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten gelegene Wohnung in der S Straße in B (im Folgenden: alte Wohnung) hatte er in der Zeit von Januar 2015 bis Juni 2015 eine Bruttowarmmiete in Höhe von monatlich 452,50 EUR zu zahlen. Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 teilte die Vermieterin dem Kläger mit, dass die Betriebskostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 01. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 ein Guthaben iHv 172,60 EUR ergeben habe, welches mit der Mietzahlung für den Monat Juli 2015 zu verrechnen sei. Nachdem seine Vermieterin den Mietvertrag für die alte Wohnung wegen rückständiger Mieten für April 2015 und August 2015 bereits im August 2015 fristlos (iS von § 543 Abs 1, Abs 2 Satz 1 Nr 3b Bürgerliches Gesetzbuch) gekündigt hatte, gab das Amtsgericht (AG) Mitte ihrer Klage auf Räumung und Herausgabe der alten Wohnung und Zahlung der hierfür rückständig gebliebenen Mieten bzw Nutzungsentschädigungen für April 2015, August 2015, September 2015 und Oktober 2015 samt Zinsen statt (rechtskräftig gewordenes Urteil vom 23. März 2016 - 11 C 267/15). Zudem bewilligte das AG Mitte dem Kläger eine Räumungsfrist von zwei Monaten; die gegen die Räumungsfrist erhobene sofortige Beschwerde des Klägers blieb erfolglos (Landgericht Berlin, Beschluss vom 25. Mai 2016 - 67 T 88/16). Der Kläger blieb bis Juni 2016 in seiner alten Wohnung. Wo er seit seinem Auszug aus der alten Wohnung lebt, ist unklar. Seither ist er jedenfalls weder in B noch in G polizeilich gemeldet.
Im November 2014 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Fortzahlung von Arbeitslosengeld II für die Zeit von Januar 2015 bis Juni 2015 und reichte hierzu eine Erklärung über sein prognostiziertes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (im Folgenden EKS) in dem Zeitraum von Januar 2015 bis Juni 2015 ein. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2014 forderte der Beklagte den nicht vorgelegten Mietvertrag über Geschäfts-/Lagerräume in Kopie, eine Kopie des aktuellen Nutzungsvertrages für das Mietfahrzeug, den letzten Zahlungsbeleg für die Kfz-Miete und Raummiete sowie einen Nachweis über betrieblich veranlasste Telefonkosten von 70,00 EUR monatlich, eine Kopie der letzten Umsatzsteuer-Voranmeldung und einen Nachweis über die bisherige Umsatzsteuerlast in 2014 sowie die Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2013 an. Der Kläger reichte die Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2013 ein und vertrat die Auffassung, weitere Unterlagen seien nicht vorhanden bzw es bestehe keine Verpflichtung, diese vorzulegen. Mit Schreiben vom 06. Januar 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass über den Antrag noch nicht entschieden werden könne, da auf der Grundlage der in der Anlage EKS gemachten Angaben zum voraussichtlichen Einkomm...