Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Doppelmietzahlungen durch Umzug. Abgrenzung von Wohnungsbeschaffungskosten. Dauer der Berücksichtigung der Überschneidungskosten und Begrenzung auf die angemessenen Unterkunftskosten
Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 besteht ein Anspruch auf Berücksichtigung der umzugsbedingt angefallener Doppelmieten, denn bei diesen handelt es sich nicht um Wohnungsbeschaffungskosten, sondern um Kosten der Unterkunft und Heizung iS des § 22 Abs 1 SGB 2, die im Rahmen ihrer Angemessenheit zu übernehmen sind. Ohne Bedeutung ist dabei, dass die Summe der Mietkosten für die bisherige Wohnung und der Kosten für die neue Wohnung regelmäßig die Grenze des Angemessenen überschreiten wird. Die Angemessenheit umzugsbedingt anfallender Doppelmieten ist unabhängig von der Angemessenheit der Kosten für die neu angemietete Unterkunft zu bestimmen. In die Angemessenheitsprüfung muss bei umzugsbedingt anfallenden Doppelmieten nicht nur die Höhe der Kosten einbezogen werden, sondern auch der Zeitraum, für den diese Kosten noch als angemessen anzusehen sind.
2. Die Dauer, für die Überschneidungskosten dem Grunde nach in Ansatz zu bringen sind, richtet sich regelmäßig nach dem Einzelfall, wobei allerdings die absolute Höchstgrenze in der für das bisherige Mietverhältnis geltenden Kündigungsfrist zu sehen sein dürfte.
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 2010 wird aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung seiner Bescheide vom 30. Juli 2009 und 10. September 2009 sowie unter Aufhebung seines Bescheides vom 18. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 verurteilt, den Klägern zusätzlich zu den bereits für die Wohnung in der R Straße in B gewährten Leistungen auch die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung F-Straße in B für die Monate September und Oktober 2009 in Höhe von je 531,22 Euro zu gewähren.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die für September und Oktober 2009 umzugsbedingt angefallenen Doppelmieten (“Überschneidungskosten„) zu gewähren.
Der 1952 geborene Kläger zu 1) und seine Ehefrau, die 1966 geborene Klägerin zu 2), bewohnten seit November 1993 eine rund 67 m² große 3-Zimmer-Wohnung in der F-K-Straße in B für die sie Miete in Höhe von 531,27 Euro zu entrichten hatten. Mit Bescheid vom 13. März 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern auf ihren Weiterbewilligungsantrag für die Zeit vom 01. April 2009 bis 30. September 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 1.163,22 Euro monatlich, wobei die Regelleistung für verheiratete Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft in Höhe von jeweils 316 Euro sowie Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) in Höhe von insgesamt 531,22 Euro (zweimal 265,61 Euro) zugrunde gelegt wurden. Eine Kostensenkungsaufforderung des Beklagten erging nicht.
Am 26. Mai 2009 und 22. Juni 2009 beantragten die Kläger unter Hinweis auf eine beabsichtigte Senkung der Mietkosten sowie die Schwerbehinderung der Klägerin zu 2) und den damit verbundenen Wunsch, eine Wohnung im Erdgeschoss zu beziehen, bei dem Beklagten die Erteilung von Zusicherungen zur Übernahme von Mietkosten für eine 2-Zimmer-Wohnung in der Fstraße bzw. in der K-A-Straße , beide in B, die der Beklagte mit Schreiben vom 5. Juni 2009 bzw. vom 26. Juni 2009 erteilte. Da beide Wohnungen bereits vergeben waren, legten die Kläger dem Beklagten am 20. Juli 2009 ein weiteres Mietangebot über eine 2-Zimmer-Wohnung in der R Str. in B zu einer monatlichen Bruttowarmmiete von 411,91 Euro vor. Mit Schreiben vom 20. Juli 2009 erteilte der Beklagte die beantragte Zusicherung und teilte den Klägern mit, dass neben der in dem Wohnungsangebot aufgeführten monatlichen Miete eine Kaution im Rahmen der gesetzlichen Normen als Darlehen (821 Euro) und die Kosten eines Umzugsunternehmens übernommen würden. Die Kläger mieteten daraufhin mit Vertrag vom 23. Juli 2009 die Wohnung in der R Str. ab 01. September 2009 an und zeigten dies dem Beklagten an, der daraufhin mit dem Hinweis “Übernahme der neuen Mietkosten„ mit Änderungsbescheid vom 30. Juli 2009 für die Zeit vom 1. bis 30. September 2009 die KdUH auf 205,94 Euro für den Kläger zu 1) und auf 205,97 Euro für die Klägerin zu 2) reduzierte, so dass sich ein Gesamtleistungsanspruch von 1.057,91 Euro ergab. Die Kläger kündigten die Wohnung F-K-Str. mit undatiertem Schreiben “spätestens zum 30. September 2009„. Mit Schreiben vom 03. August 2009 bestätigte der Vermieter die Kündigung zum 31. Oktober 2009. Laut Meldebescheinigung vom 30. Oktober 2009 haben die Kläger die Wohnung in der R Straße am 07. Oktober 2009 bezogen. Mit Bescheid vom 10. September 2009 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Zeit vom 01. Oktober 2009 bis 31. März 2010 unter Berücksichtigung von KdU...