Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. Herabsetzung des GdB. isolierte Anfechtungsklage. maßgeblicher Prüfungszeitpunkt. Ablatio mammae. Heilungsbewährung. psychische Störungen. Maßgeblicher Prüfungszeitpunkt des Gerichts bei und Anforderungen an die Herabsetzung des Grades der Behinderung nach einer Ablatio mammae mit Expanderimplantation und einer sich daran anschließenden antineoplastischen Chemotherapie

 

Orientierungssatz

1. Maßgeblicher Prüfungszeitpunkt ist in Verfahren betreffend die Herabsetzung des GdB  der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens.

2. Für die Bildung des Gesamt-GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen sind die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet.

3. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken.

4. Dabei ist in der Regel von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen.

5. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.

6. Einzel-GdB von 30 nach einer Ablatio mammae mit Expanderimplantation und einer sich daran anschließenden antineoplastischen Chemotherapie verbliebenen funktionellen Auswirkungen einer Krebserkrankung.

7. Darstellung der Gründe für die Notwendigkeit des Abwartens einer Heilungsbewährung bei Gesundheitsstörungen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Herabsetzung des zu ihren Gunsten festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 40.

Die Klägerin ist im Jahre 1955 geboren. Nachdem bei ihr im April 2000 ein Mamma-Carcinom links festgestellt worden war, erfolgte am 7. April 2000 eine Segmentresektion und am 10. April 2000 eine Ablatio mammae mit einer Axilladissektion Level I-II und einer Expanderimplantation. Anschließend wurde eine antineoplastische Chemotherapie durchgeführt.

Auf den von der Klägerin im April 2000 gestellten Antrag kam der Beklagte nach Auswertung der von ihm beigezogenen ärztlichen Unterlagen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin wegen der operierten Geschwulsterkrankung der linken Brust im Stadium der Heilungsbewährung behindert sei, und stellte mit seinem Bescheid vom 13. Juni 2000 wegen der genannten Behinderung einen GdB von 50 fest.

Im Zuge des von dem Beklagten im April 2005 eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens erklärte die Klägerin am 25. April 2005, eine Verbesserung der Bewegungsfähigkeit des linken Armes sei im Laufe der Zeit nicht eingetreten; ihre Leistungsfähigkeit sei herabgesetzt. Aufgrund der Hormonbehandlung leide sie an ständigem Ausfluss im Scheidenbereich. Wegen der Verletzung der Silikoneinlage nach Durchführung einer Mammographie müsse sie eine Epithese tragen. Sie sei auch psychisch beeinträchtigt, insoweit aber ohne Behandlung. Zudem sei sie wetterfühlig. Der Beklagte holte eine ärztliche Auskunft des die Klägerin behandelnden Arztes für Gynäkologie Dr. V vom 27. Juni 2005 ein, in der dieser ausführte: Bei der Klägerin bestehe ein Zustand nach Mamma-Ablatio und Axilladissektion links und ein Zustand nach Postmenopausenblutung unter Tamoxifen (histologisch: hyperplastische Korpusschleimhaut). Die Klägerin sei letztmalig im Dezember 2004 vorstellig gewesen, an diesem Tag habe sie hinsichtlich der Mamma-Ablatio keine Beschwerden geäußert. Am 24. Juni 2003 habe sie über Schmerzen im linken Arm berichtet, Anzeichen für Lymphödeme seien nicht festzustellen gewesen. Die Krebsvorsorgeuntersuchungen vom 16. November 2003 und vom 10. Dezember 2004 seien ohne Befund geblieben.

Nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. K vom 30. Juli 2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 8. August 2005 mit, es sei beabsichtigt, den GdB für die Zukunft von 50 auf 30 herabzusetzen, weil hinsichtlich der festgestellten Behinderun...

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