Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
Orientierungssatz
1. Eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz setzt voraus, dass der Betreffende berechtigt war, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hat und dies in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt werden und jeweils i. S. des Vollbeweises vorliegen.
2. Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist durch die drei Merkmale Betrieb, volkseigen und Produktion gekennzeichnet.
3. Dabei musste es sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens handeln. Darunter ist die industrielle, serienmäßige wiederkehrende Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern oder die Errichtung von baulichen Anlagen zu verstehen (BSG Urteil vom 08. Juni 2004, B 4 RA 57/03 R).
4. Der Charakter des VEB Braunkohlenbohrungen und Schachtbau Welzow war dadurch geprägt, dass er Hauptauftragnehmer für wesentliche Arbeiten im Bereich des Braunkohlenbergbaus war. Die Projektierungsleistungen waren ein wesentliches Tätigkeitsfeld des VEB. Bei der Bauproduktion des VEB handelte es sich nicht um serielle Bauproduktion.
5. Damit hat eine industrielle Produktion dem VEB nicht das Gepräge gegeben. Somit war der VEB Braunkohlenbohrungen und Schachtbau Welzow kein Produktionsbetrieb im versorgungsrechtlichen Sinn.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 3. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
2. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X, den Zeitraum vom 1. September 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur DDR-Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) sowie entsprechende Arbeitsentgelte festzustellen.
Der im Jahr 1950 geborene Kläger erlangte im August 1974 den Abschluss eines Hochschulingenieurs Fahrzeugtechnik/Baumaschinen und war seit 1. September 1974 im Volkseigenen Betrieb Braunkohlenbohrungen und Schachtbau Welzow (im Folgenden: VEB B W) zunächst als Bearbeiter für Arbeitsnormung, u a seit 1978 als Leiter materielle Interessiertheit und ab Januar 1988 als Fachgebietsverantwortlicher materielle Interessiertheit tätig. Der freiwilligen zusätzlichen Rentenversicherung der DDR (FZR) war er im September 1977 beigetreten und zahlte Beiträge begrenzt auf ein über das sozialversicherungspflichtige Entgelt hinaus begrenztes Arbeitsentgelt von jährlich max. 7.200 M.
Der VEB B W ging neben anderen Kombinatsbetrieben in der LAG auf, die am 18. September 1990 ins Handelsregister eingetragen wurde, während der VEB B W am 24. September 1990 von Amts wegen aus dem Register der VEB gelöscht wurde.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2006 die Anwendbarkeit des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) gemäß § 1 AAÜG ab. Der Kläger habe zum Stichtag des 30. Juni 1990 keine ingenieurtechnische Tätigkeit ausgeübt. Das Sozialgericht Cottbus wies die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 25. November 2009, S 6 R 307/08, ab und begründete dies damit dass der VEB B W am Stichtag nur noch eine “leere Hülle„ gewesen sei. Der Kläger beantragte am 6. Dezember 2010 die Überprüfung des Bescheides vom 12. August 2005 unter Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. Januar 2011 ab. Unabhängig von der Frage, zu welchem Zeitpunkt der Nachfolgebetrieb in das Handelsregister eingetragen worden sei, scheitere der Anspruch an der sachlichen Voraussetzung einer Tätigkeit als Ingenieur. Der Kläger sei am 30. Juni 1990 berufsfremd tätig gewesen. Den Widerspruch vom 16. Februar 2011, mit dem der Kläger geltend machte, er sei als Ingenieur eingesetzt und nach einem Ingenieurtarif bezahlt worden und auch in einem anspruchsberechtigenden Betrieb beschäftigt gewesen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2011 zurück.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 28. Juli 2011 Klage erhoben. Das BSG habe die Rechtsansicht der “leeren Hülle„ verworfen. Der VEB B W habe am 30. Juni 1990 noch bestanden, weil die Eintragung der Nachfolge-AG erst später erfolgt sei. Der Kläger habe 18 seiner 23 Ausbildungsfächer seines Ingenieurstudiums für seine Arbeit benötigt und legte das entsprechende Abschlusszeugnis vor.
Das Sozialgericht Cottbus hat die Zeugenaussage des ehemaligen Betriebsdirektors J vom 14. Dezember 2005 und den Aufsatz Jank/Nowel (2002) aus einem anderen Verfahren beigezogen und den Zeugen G vernommen. Wegen der Ergebnisse der Beweiserhebungen wird auf de...