Leitsatz (amtlich)
Ein späterer mißglückter Arbeitsversuch kann nicht zur Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 – 2110 der Anlage 1 zur BKVO führen, wenn die Aufgabe der schädigenden Arbeit vor dem 31.03.1988 erfolgt ist.
Verfahrensgang
SG für das Saarland (Gerichtsbescheid vom 15.10.1993; Aktenzeichen S 4 U 105/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen denGerichtsbescheid desSozialgerichts für das Saarland vom15. Oktober 1993 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) vorliegt, wobei im Vordergrund die Frage steht, ob der Kläger die schädigende Tätigkeit vor oder nach dem Stichtag 31.03.1988 aufgegeben hat.
Der xxxx geborene Kläger war nach einer nicht abgeschlossenen Lehre als Polsterer ab dem 01.01.1956 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im Jahre 1988 überwiegend als Fußboden- oder Estrichleger bei unterschiedlichen Fußbodenbau- bzw. Estrichlegerbetrieben, dabei zuletzt ab dem 01.01.1982 bei der Firma H. GmbH in B., beschäftigt. Vom 26.01.1988 bis 22.06.1988 war der Kläger, unterbrochen durch eine vom 24.02. bis 23.03.1988 in der Klinik W. durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme der LVA, arbeitsunfähig erkrankt. Am 23. und 24.06.1988 war er sodann wieder als Fußboden- bzw. Estrichleger bei seinem Arbeitgeber tätig, wobei er die Tätigkeit jedoch nach zwei Tagen wegen starker Schmerzen abbrechen mußte. In der Folgezeit war der Kläger bis zur krankheitsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum 31.08.1988 und darüber hinaus bis zum 12.06.1989 wiederum arbeitsunfähig erkrankt.
Ab dem 13.06.1989 bezog der Kläger aufgrund Rentenbescheids der LVA vom 28.03.1990 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit.
Mit Schreiben vom 21.01.1993 machte der Kläger geltend, bei ihm liege ein Wirbelsäulen- und Gelenkleiden vor und beantragte dessen Anerkennung als Berufskrankheit sowie die Gewährung entsprechender Leistungen. Durch Berufskrankheitenanzeige vom 01.02.1993 zeigte Dr. D. das Vorliegen einer Berufskrankheit „degeneratives WS-Syndrom”, durch Berufskrankheitenanzeige vom 03.03.1993 zeigte der frühere Arbeitgeber des Klägers das Vorliegen einer Berufskrankheit „Wirbelsäulenschädigung” an.
Nach Einholung weiterer Auskünfte von dem Kläger und seinem früheren Arbeitgeber lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 16.04.1993 die Anerkennung der bei dem Kläger vorliegenden Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage 1 zur BKVO ab. Diese Erkrankungen könnten gem. Art. 2 der 2. Verordnung zur Änderung der BKVO nur dann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn der Versicherungsfall nach dem 31.03.1988 eingetreten wäre. Nachdem der Kläger nach seinen eigenen Angaben bereits seit 26.01.1988 erwerbsunfähig sei, habe er die schädigende Tätigkeit bereits vor dem 31.03.1988 aufgegeben, so daß die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Berufskrankheit schon aus gesetzlichen Gründen nicht gegeben seien.
Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 29.07.1993 zurückgewiesen, wobei die Beklagte ausführte, der Kläger sei bereits vor dem Stichtag 31.03.1988 arbeitsunfähig krank gewesen und habe danach, mit Ausnahme eines zwei bis drei Tage andauernden Arbeitsversuchs im Juni 1988, keine berufliche Tätigkeit mehr ausgeübt. Dieser Arbeitsversuch sei jedoch als mißglückter Arbeitsversuch zu werten, da er bereits kurz nach Beginn und somit vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit wieder abgebrochen worden sei. Die Zeit des Arbeitsversuchs sei nach der Rechtsprechung, die zu der Frage ergangen sei, ob für einen solchen Zeitraum Krankengeld zu gewähren sei, als Zeit der Arbeitsunfähigkeit zu werten. Die kurzfristige Tätigkeit sei daneben auch nicht geeignet gewesen, die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers zu verursachen, zu verschlimmern oder wieder aufleben zu lassen.
Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 15.10.1993 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Berufskrankheit könne bei dem Kläger nicht anerkannt werden, da der Versicherungsfall (Aufgabe der schädigenden Tätigkeit) nicht nach dem 31.03.1988 eingetreten sei. Bereits nach seinen eigenen Angaben habe der Kläger die Arbeit wegen der in Betracht kommenden Berufskrankheit erstmals im November 1987 eingestellt. Eine endgültige Arbeitseinstellung sei, ebenfalls nach den eigenen Angaben des Klägers, am 26.01.1988 erfolgt. Soweit der Kläger dargelegt habe, er habe am 23. und 24.06.1988 nochmals bei seinem früheren Arbeitgeber gearbeitet, sei darin nur ein untauglicher Arbeitsversuch zu sehen. In dieser kurzen Zeit habe der Kläger keine wirtschaftlich ins Gewicht fallende Leistung erbracht, es habe sich auch nicht um eine wirtschaftlic...